Das Bundesverwaltungsgericht hat mit zwei am 7. September 2023 bekannt gegebenen Urteilen die von Union und SPD beschlossene gesetzliche Verpflichtung der Telekommunikationsanbieter zur flächendeckenden Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten in vollem Umfang für unionsrechtswidrig und damit für nicht anwendbar erklärt. Verworfen wurden auch die Vorschriften zur Internet-Vorratsdatenspeicherung (IP-Adressen). Das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wird aufgrund von Gerichtsurteilen schon seit Jahren nicht mehr angewandt, ohne dass dies messbaren Einfluss auf die Aufklärungsquote hätte.
Der Europaabgeordnete und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei / Greens/EFA), der seit Jahren in Deutschland und Europa gegen die Vorratsdatenspeicherung kämpft, jubelt:
„Dieses Urteil ist ein historischer Erfolg für die Bürgerrechtsbewegung, die seit Jahrzehnten auf der Straße und vor Gericht gegen die Idee einer flächendeckenden Totalerfassung unserer Kontakte, Bewegungen und Internetverbindungen kämpft.
Innenministerin Nancy Faeser und alle anderen Verantwortlichen müssen jetzt endlich an echten Lösungen mitarbeiten. Für besseren Kinderschutz benötigen wir keinen Internet-Generalverdacht gegen alle Bürger:innen, sondern Investitionen in verpflichtende Schutzprogramme und zuständige Expert:innen an Schulen, in Kirchen und in Sportvereinen. Wir benötigen dringend langfristige und gut ausgestattete Aufklärungskampagnen und Beratungsangebote und eine starke Zivilgesellschaft. Auf technischer Ebene heißen die Lösungen: Quick Freeze und Login-Falle. IP-Adressen sind wie unsere digitalen Fingerabdrücke. Ihre totale Erfassung würde Kriminalitätsvorbeugung durch anonyme Beratung und Seelsorge, Opferhilfe durch anonyme Selbsthilfeforen und auch die freie Presse gefährden, die auf anonyme Informanten angewiesen ist. Die massenhafte und flächendeckende Aufzeichnung der Kommunikation, Bewegungen und Internetnutzung völlig unbescholtener Menschen ist eine totalitäre Maßnahme, die mit den Werten einer freien Demokratie nicht vereinbar ist. “
Das nun begrabene Gesetz sollte Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von Kommunikationsdaten von Bürger:innen auf Vorrat verpflichten. Für eine Dauer von zehn Wochen u.a. die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Beginn und Ende der Verbindung oder der Internetnutzung bzw. die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs einer Kurznachricht, zugewiesene IP-Adressen und Benutzerkennungen sowie Kennungen der Anschlüsse und Endgeräte und für eine Dauer von vier Wochen Standortdaten.