Außenpolitik – Piraten-Herne | Klarmachen zum Ändern! https://www.piraten-herne.de Klarmachen zum Ändern! Thu, 23 Jul 2020 19:10:10 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 188010041 PIRATEN: Intransparenter EU Haushalt nicht zukunftsfähig https://www.piraten-herne.de/piraten-intransparenter-eu-haushalt-nicht-zukunftsfaehig/ Thu, 23 Jul 2020 19:10:10 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=3590 Nach mehr als 90stündiger Verhandlung haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf einen Wiederaufbaufonds und ein Mehrjahresbudget geeinigt.
Für den Wiederaufbau nach der Coronakrise sollen Kredite im Wert von 360 Milliarden Euro ausgegeben werden, sowie weitere 390 Milliarden als Transfers, also ohne Verpflichtung einer Rückzahlung.
Erkauft wurde dieser Kompromiss bei Einschränkungen im Sieben-Jahres-Haushalt der EU, der nun einen Umfang von 1.074 Milliarden hat.
Hierfür werden etliche EU-Programme, insbesondere in den Bereichen Forschung, Migrations-, Klima-, Gesundheits- und Außenpolitik, nicht so stark wachsen.

„Wir betrachten es als unwahrscheinlich, dass der Teil des Wiederaufbaufonds, der als Kredite ausgegeben wird, auch tatsächlich zurückgezahlt wird. Schon jetzt kann man davon ausgehen, dass diese Kredite für einen Teil der potenziellen Empfängerländer nicht zurückzahlbar sein werden. Es drängt sich die Frage auf: Wie ehrlich sind unsere Politikerinnen und Politiker? In letzter Konsequenz werden diese Kredite dann wie die anderen Transferzahlungen behandelt werden. Wieso wird dies nicht von Anfang an transparent gemacht?“, kommentiert Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

Daniel Mönch der politische Geschäftsführer der Piratenpartei ergänzt:
Der jetzt vorgelegte EU Haushalt sowie sein Zustandekommen sind ein Skandal. In Hinterzimmer-Deals wurde ohne jegliche Rücksicht die Zukunft von Millionen jungen Europäern verkauft. Europa ist für viele insbesondere junge Menschen ein Projekt, das die Chance auf eine Zukunft in Frieden, Wohlstand und mit einer gesunden Umwelt erhoffen lässt. Diesen Bestrebungen wurde von den Regierungschefs der Mitgliedsstaaten ein erheblicher Dämpfer auferlegt. Dass wichtigen zukunftsweisenden Projekten wie der Wissenschaftsförderung und dem Klimaschutz die Mittel gestrichen werden, ist ein erschreckender Schritt rückwärts. Dass aber gerade während einer weltweiten Pandemie beim Gesundheitswesen gespart werden soll, ist nur noch als fahrlässig zu beschreiben. Dieser Haushalt ist nicht zukunftsfähig und zeigt deutlich wie reformbedürftig die Europäische Union ist.“

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EGMR: Netzsperren in Russland verstoßen gegen Menschenrechte https://www.piraten-herne.de/egmr-netzsperren-in-russland-verstossen-gegen-menschenrechte/ Sun, 28 Jun 2020 14:01:28 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=3557 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinem Urteil die Praxis der Netzsperren in Russland als nicht vereinbar mit den Artikeln 10 (das Recht auf freie Meinungsäußerung) und Artikel 13 (das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren) der Europäischen Charta der Menschenrechte anerkannt.

Geklagt vor dem EGMR hat Gregory Engels, Beauftragter für internationale Zusammenarbeit und Stadtverordneter der Piratenpartei Deutschland in Offenbach. Er ist Inhaber der Internetdomain rublacklist.net, welche von der Russischen NGO „RosKomSvoboda“ (zu Deutsch: Russisches Komitee für die Freiheit) benutzt wird, um über die russischen Netzsperren ausführlich journalistisch zu berichten. Unter anderem wird dort eine Statistik der von der Russischen Föderation geblockten Webseiten geführt, unter denen auch Internetseiten aus Deutschland sind. 2015 wurde auf dem Portal russischen Internetnutzern erklärt, wie sie mit Hilfe von Anonymisierungsdiensten wie Tor, Proxies oder VPN (Virtual Private Network) die Webseitensperren des staatlichen Überwachungskomitees umgehen können. Daran störte sich jedoch die Russische Justiz: Laut einem Urteil des Stadtgerichts von Anapa würde den Internetnutzern damit die gesamten extremistischen Inhalte des Internets offen stehen. Die Informationen über die Anonymisierungsdienste wurden entfernt und Engels ging durch den Instanzenweg, bis das Verfahren 2016 vor dem EGMR landete.

Der EGMR entschied, dass die Regelung in der russischen Gesetzgebung, nach der die Websperren nicht nur in Fällen von Kindesmissbrauch, Drogenhandel oder Suizidwerbung verhängt werden können, sondern auch immer dann, wenn ein Gericht entscheidet, dass „bestimmte Internetinhalte Informationen enthalten, deren Verbreitung in der Russischen Föderation verboten ist“ (Föderales Gesetz 149-FZ vom 27 Juli 2006, Artikel 15.1 Paragraph 5), zu weitreichend ist und keine Rechtssicherheit für die Webseitenbetreiber bietet. Die Regelung verstieße außerdem gegen das Prinzip des Verbotes von generellen Netzsperren und Netzfiltern, wie es vom Europarat in 2011 beschlossen wurde und somit auch gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Des Weiteren hat der EGMR entschieden, dass die Rechtspraxis in Russland, nach der Webseiten massenhaft ohne Anhörung durch einfache Gerichtsentscheidungen geblockt werden, gegen Artikel 13 verstößt.

„Mit dem heutigen Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Hürden für Netzsperren viel höher gelegt. Eine Webseite zu sperren ist wie eine Zeitung zu verbieten. Netzsperren wie vom Fließband wird es in Zukunft nicht mehr geben“ erklärt Gregory Engels die Bedeutung des Urteils.

Die Piratenpartei tritt für ein freies Internet ohne generelle Netzsperren und Uploadfilter ein.

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US-PIRATEN unterstützen friedliche Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus https://www.piraten-herne.de/us-piraten-unterstuetzen-friedliche-proteste-gegen-polizeigewalt-und-rassismus/ https://www.piraten-herne.de/us-piraten-unterstuetzen-friedliche-proteste-gegen-polizeigewalt-und-rassismus/#comments Mon, 08 Jun 2020 12:12:28 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=3544 Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis gehen täglich tausende Menschen in Washington und anderen US-Amerikanischen Metropolen auf die Straßen, um gegen Polizeigewalt und Rassismus zu protestieren. Der Präsident der Vereinigten Staaten droht nun mit der Ausrufung des Insurrection Acts (Aufstandsgesetz von 1807).
Wir dokumentieren hier die Erklärung der US-Amerikanischen PIRATEN anlässlich Donald Trumps Drohung, das US-Militär gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen, und solidarisieren uns mit unserer Schwesterpartei:

The United States Pirate Party opposes President Trump’s threat of military force against our citizens.

We support the right of the people to peacefully protest and seek redress for the murder of George Floyd.
We support activist organizations such as Black Lives Matter that engage in peaceful protest.
We object to police brutality directed against protesters and members of the free press.We call for President Trump’s immediate resignation.
We demand that Congress immediately vote for impeachment and removal.
We demand that all states’ governors and legislatures formally denounce this act.
We demand the United Nations and all individual nations register their objections to the threat of force through their diplomats.
We ask our fellow Pirate Parties for solidarity in this time of crisis.

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Amerika schließt sich ein – Populismus auf dem Vormarsch https://www.piraten-herne.de/amerika-schliesst-sich-ein-populismus-auf-dem-vormarsch/ Wed, 09 Nov 2016 18:33:11 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=2455 ### Presse-Service der Piratenpartei Deutschland ### PM 203 / 16 Berlin, den 9. November 2016

+++ Amerika schließt sich ein – Populismus auf dem Vormarsch +++

Patrick Schiffer, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland, äußert sich zum Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahlen:

PATRICK SCHIFFER 02 - FOTO be-him CC BY NC ND

PATRICK SCHIFFER 02 – FOTO be-him CC BY NC ND

»Mit der Wahl von Donald Trump hat es heute – zufällig auch an einem 9. November – den größten globalen politischen Erdrutsch seit dem Mauerfall vor 27 Jahren gegeben. Dies ist unter anderem die Folge einer Politik, die die Grundlagen der liberalen Demokratie zerstört hat, indem das Diktat der Wirtschaft, des Egoismus und das Recht des Stärkeren über alles gestellt wurden.

Die Realityshow hat gegenüber der ausgewogenen Berichterstattung gewonnen: ein Zeichen unserer Zeit der Aufmerksamkeitsökonomie. Nicht rationale Argumente entscheiden Wahlen, sondern Gefühle. Heute wurde ein Kandidat gewählt, der offenen Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Hass auf Homosexuelle und Gewalt straßentauglich gemacht hat. Er will Mauern bauen.

Hinzu kommt die Tatsache, dass US-Geheimdienste jahrzehntelang und weltweit die Kommunikation abgefangen und ausgewertet haben. Bekommen die Enthüllungen Snowdens im Angesicht der Wahl Trumps eine völlig neue Qualität? Was bedeutet das für die Vereinbarungen mit der Europäischen Union?

Amerika ist tief gespalten. Der Hass auf alles Fremde, auf Minderheiten und Andersdenkende ist dort wieder salonfähig. Dass Amerika heute gegen eine offene Gesellschaft votiert hat, ist zutiefst bedauerlich. Wir dürfen ihnen das nicht nachmachen, sondern müssen aus der Populismus-Falle herauskommen. Wir müssen uns heute mehr denn je auf den Aufbau eines offenen, demokratischeren und vereinten Europa der Möglichkeiten konzentrieren.«

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Der Meeresgott und sein Massengrab: Triton und das Mittelmeer https://www.piraten-herne.de/der-meeresgott-und-sein-massengrab-triton-und-das-mittelmeer/ Mon, 16 Feb 2015 19:33:36 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=1671 Weiterlesen ]]> Ein Beitrag aus der AG Migration/Asyl in der Piratenpartei.

»Wir wissen nämlich alle: Die Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kommen, sind nicht die Flüchtlinge irgendeines Landes, sondern das sind unsere gemeinsamen Flüchtlinge.«Angela Merkel, 04.02.2015

300 Tote, aber keine Reaktionen

Während die Bundeskanzlerin diese Worte wohl mehr so dahingesagt hat, spielte sich im Mittelmeer seit letztem Sonntag eine humanitäre Katastrophe ab: In vier Schlauchbooten versuchten über vierhundert Menschen, ohne Wasser und Nahrung über das Mittelmeer von Libyen nach Italien zu gelangen. 110 Menschen konnten von der italienischen Küstenwache und einem Handelsschiff gerettet werden – aber 300 starben oder gelten noch als vermisst. Den Berichten nach überlebten auf einem der Boote nur 2 von 107 Passagieren, 7 von 109 auf einem weiteren – und ein Boot wird noch komplett vermisst. Hoffnung auf ein glückliches Ende scheint fehl am Platz, da selbst von den vermeintlich bereits Geretteten noch mehr als 25 Menschen an Unterkühlung und Erschöpfung starben.

In diesem Zusammenhang könnte euch auch der World Report von Human Rights Watch interessieren.

Nicht nur auf dem Mittelmeer bleibt es gespenstisch still, sondern auch in der Politik und in den Medien. Das ist erschreckend anders als im Oktober 2013. Als damals etwa die gleiche Zahl Toter zu beklagen war, war »Lampedusa« in aller Munde. Fotos der aufgereihten Särge mit Rosen darauf gingen durch Europa und Italiens Regierungschef Enrico Letta verlieh den Verstorbenen posthum die italienische Staatsbürgerschaft. Gegen die Überlebenden freilich wurden zur gleichen Zeit Strafverfahren eingeleitet.

Im Mittelmeer starben seit dem Jahr 2000 über 23.000 Menschen – mehr als die Hälfte all derer, die weltweit auf ihrer Flucht sterben, sterben dort.

Allen außenpolitischen Reden vom »Übernehmen von Verantwortung« zum Trotz:

Fortschritte macht  Europa nicht in der humanitären Hilfe, sondern in der   Abschottung.

Nach der Tragödie 2013 reagierte nur Italien und initiierte »Mare Nostrum«: Die Marine des Landes fuhr zum Teil bis vor die Küsten der Herkunftsländer, um in Seenot geratene Menschen zu retten. Italien hat hier in Eigeninitiative viel geleistet und rettete innerhalb eines Jahres in 420 Einsätzen etwa 151.000 Menschen. Der  Fortbestand der lebensrettenden Initiative scheiterte schließlich an der strikten Weigerung der übrigen EU-Staaten, sich an den Kosten von 9 Millionen Euro im Monat zu beteiligen.

An vorderster Front der Kritiker von Mare Nostrum stand Deutschland. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der zuletzt Kirchenasyl mit der Scharia verglich, kritisierte damals offen: »Mare Nostrum war  als Nothilfe gedacht und hat sich als Brücke nach Europa erwiesen.«

Diese Brücken galt es nun einzureißen: Man entwarf »Triton«. Die nach dem bewaffneten Meeresgott benannte Operation ist bei der EU-Grenzschutzorganisation Frontex angesiedelt und nicht mit Mare Nostrum zu vergleichen. In Triton investieren die Mitgliedsstaaten zusammen nicht einmal ein Drittel des Geldes, das Italien Mare Nostrum zur Verfügung stellte. Endscheidender ist aber, dass Triton “keine Such- und Rettungsoperation” ist, sondern vorrangig Grenzkontrollen dient. Dementsprechend hat sich auch das Einsatzgebiet drastisch verkleinert: Die Patrouillen entfernen sich kaum 30 Seemeilen von der Küste und Lampedusa, die italienische Marine fuhr zuvor 160 Seemeilen weiter bis vor die libysche Küste.

Um die Überlebenden der jüngsten Katastrophe zu retten, musste die von den Schiffbrüchigen selbst alarmierte italienische Marine vergangenen Sonntag 110 Meilen zurücklegen.

Massengrab statt Brückenbau

Natürlich will niemand, dass Flüchtende im Mittelmeer ertrinken. Noch weniger wollen die Regierungen der EU-Staaten aber offenkundig, dass sie bei uns ankommen.  Beide Wünsche sind nicht miteinander vereinbar. Die Menschen, die die Fahrt über das Mittelmeer wagen, kann man nicht »abschrecken«. Viele wissen, dass sie sterben können – und sie nehmen das Risiko in Kauf, weil sie das Leben, das sie zurücklassen, als noch schlimmer empfinden. »Mare Nostrum« bewies, dass diese Menschen – für umgerechnet  715 Euro pro Person – gerettet werden könnten. Sie sterben jetzt, weil sich die Europäer – nein: die europäischen Politiker –  entschieden haben, sie sterben zu lassen.

3.419 Tote wurden 2014 registriert. Eine schlimme Zahl, eine empörende Zahl. Aber auch eine wenig beachtete Zahl. Und noch weniger Beachtung als die Zahlen finden die Schicksale, die hinter ihnen stehen: Jede addierte “1” steht für einen Menschen mit Lebensgeschichte und Angehörigen – und für ein Sterben in Angst und Qual. Vor der Rettung, oder dem Tod, harren die Flüchtenden in der Regel auf wenig seetüchtigen Booten aus – oft tagelang ohne ausreichende Nahrung, Wasser, Medikamente, Sonnenschutz, teilweise in Täuschung über die Reisezeit. Im Sommer verdursten viele. Andere ertrinken, wenn die Boote kentern und niemand rechtzeitig zur Rettung eintrifft. Väter kommen mit ihren Kindern aber ohne ihre Frau an. Diabetiker sterben, weil sie sich auf Untertreibungen der Schlepper verlassen und nicht genug Insulin mitnehmen. Überlebende Mütter berichten, wie sie ihre Kleinkinder nacheinander ertrinken sahen, weil sie im Wasser nicht länger alle festhalten konnten.

Wer sich darauf einlassen möchte, wie es diesen Menschen wirklich geht, kann sich das folgende Video anschauen. Aber Vorsicht: Das Video ist nichts für schwache Nerven. Was ihr seht, könnte euch verstören und euch sehr, sehr schlecht schlafen lassen.

Warum begeben sich Menschen in so eine Gefahr?

Asyl in Europa beantragen kann nur, wer es auf europäischen Boden geschafft hat. Die Flüchtenden “wählen” die gefährliche Route über das Mittelmeer, weil die Außengrenzen der EU an Land nahezu unüberwindbar befestigt wurden.

(c) Zentrum für politische Schönheit

(c) Zentrum für politische Schönheit

Bildnachweis: Mit freundlicher Erlaubnis vom Zentrum für politische Schönheit, das der EU-Außengrenze im November 2014 einen Besuch abstattete.

Und wie halten wir es mit unseren Werten und Menschenrechten?

Auf der Münchener Sicherheitskonferenz erklärte Verteidigungsministerin von der Leyen: »Wir müssen erklären, dass der weltweite, anstrengende, oft schmerzhafte und auch harte Einsatz für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit nicht nur den anderen überlassen werden kann, sondern genauso auch uns angeht. […] Deutschland ist bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen, sich einzubringen, zu handeln.«

Als in Paris am 07. Januar 12 Menschen erschossen wurden, kamen 50 Staats- und  Regierungschefs vor den Kameras zusammen, um zu trauern und sich zu den gemeinsamen »europäischen« Werten zu bekennen. Bundeskanzlerin Merkel stand in der ersten Reihe,  eingehakt beim französischen Präsidenten François Hollande und EU-Ratspräsidenten Donald Tusk.

Europa ist nicht als rein wirtschaftliches Gewinn- und Verlustmodell angelegt, sondern wurde in allererster Linie als eine Gemeinschaft von Völkern mit humanistischen, freiheitlichen Werten gegründet. Mit der französischen Revolution hat sich langsam der Gedanke von  Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in Europa verbreitet. Aber gilt der nur in Bezug auf hier geborene Menschen? Nein! Dieser Gedanke gilt genauso für die Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden und in »unserem« Europa Schutz suchen. Haben wir weniger Probleme mit einem Massengrab als mit einer Brücke für die Menschlichkeit? Das kann nicht das Ziel europäischer Politik sein.

Wenn es um die Aufnahme flüchtender Menschen geht, stehen Deutschland und Europa keineswegs an der Spitze der verantwortungsvollen Nationen. Von den Ländern, die weltweit die meisten Geflüchteten aufgenommen haben, gehört kein einziges zur EU. Bei den Top 5 handelt es sich um Pakistan, Iran, Libanon, Jordanien und die Türkei – alles Länder, die eigentlich genug mit eigenen Problemen zu kämpfen hätten. Und das ist weltweit so: 86% aller Geflüchteten werden von Entwicklungsländern aufgenommen.

http://www.unhcr.de/no_cache/service/zahlen-und-statistiken.html?cid=11687&did=10139&sechash=1a8a61ff

Zu Deutschlands bequemer Lage fern der EU-Außengrenzen und der Situation armer Grenzländer, in denen unerträgliche Bedingungen herrschen, empfehlen wir ein weiteres Video der bereits weiter oben verlinkten Reihe. Auch dieser Teil ist nichts für schwache Nerven. Leider ist er für viele Menschen Realität.

Schätzungen zufolge sind allein im Januar 2015 bereits 3.700 Menschen über das    Mittelmeer nach Italien gekommen. Gestorben sind von »unseren gemeinsamen Flüchtlingen« (O-Ton Merkel) im neuen Jahr bereits über 300. Es wird höchste Zeit,  Lippenbekenntnissen die Taten folgen zu lassen, die notwendig sind, um das Massensterben vor unserer Haustür zu beenden.

Wir Piraten fragen uns: Wo bleiben – angesichts der vollmundigen Reden – die konkreten Maßnahmen der Bundesregierung für ein Nachfolgeprogramm zur Seenotrettung von Flüchtlingen? Denn das brauchen diese Menschen dringend. Besser gestern als heute.

Die Piraten fordern:

  • Seenotrettung wieder aufnehmen. Da könnt ihr mit der Postkartenaktion von ProAsyl ein Zeichen setzen.
  • Legale Fluchtwege schaffen. Die EU-Außengrenze darf an Land nicht unüberwindbar sein – Geflüchtete müssen ihre Asylanträge auch stellen können.
  • Die Dublinverordnung revidieren und das ausgehöhlte Grundrecht auf Asyl wiederherstellen.
  • Gerechte Verteilung der finanziellen Lasten zwischen den Ländern. Idealerweise dürfen sich Geflüchtete ihr Ziel-Land aussuchen, etwa weil sie die Sprache beherrschen oder dort Verwandte haben.

 

Quelle: https://www.piratenpartei.de/2015/02/15/der-meeresgott-und-sein-massengrab-triton-und-das-mittelmeer/


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Durchs wilde Kurdistan https://www.piraten-herne.de/durchs-wilde-kurdistan/ Wed, 20 Aug 2014 15:11:01 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=1418 Weiterlesen ]]> Diskussionsbeitrag von Enno Lenze, @ennolenze

Im Irak und in Syrien tobt derzeit der Krieg gegen die Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS), die bisher als »ISIS« bekannt war. Vor allem der kurdische Nordirak und dessen Soldaten, die Peschmerga, sind jüngst in den Fokus der deutschen Medien gerückt. Mit den Begriffen Kurdistan, KRG, YPG, Peschmerga und so weiter wissen aber leider die Wenigsten etwas anzufangen. Also beginnen wir ganz am Anfang.

Kurdistan heißt derzeit noch formal-korrekt »Autonome Region Kurdistan« oder »Kurdistan Region of Iraq«. Kurdistan verfügt mit den Peschmerga über eine eigene Armee mit 270.000 Mann, eine eigene Polizei, eigene Grenzen, eine eigene, alte und reiche Kultur, mit Sorani eine eigene Sprache, eine eigene Verfassung, eine demokratisch gewählte Regierung (KRG) und ist finanziell unabhängig. Bei der Einreise erhält man ein kurdisches Visum, mit welchem man nicht in den Rest des Irak einreisen kann.

Aber wie kommt es, dass dort Millionen Kurden recht souverän leben und in Deutschland kaum jemand etwas davon weiß? Um es kurz zu machen: Die treibenden Kräfte im Land haben ihr Spielfeld erst in Ruhe und mit Bedacht aufgebaut, um dann das Spiel richtig beginnen zu können. Aber um die Geschichte zu erklären und um zu verstehen, warum es dieses Jahr richtig spannend wird, muss man viel früher anfangen: Kurdistan hat eine bewegte, jahrhundertealte Geschichte. Seit 1974 sollte die Region Kurdistan im Norden des Iraks teil-autonom sein, stand de facto aber unter Kontrolle Bagdads. Seit dem 2. Golfkrieg (1991) kam es mehrfach zu großen Kämpfen mit den Truppen Saddam Husseins, doch seit dem Sturz des Saddam-Regimes 2003 entwickelt sich die Region sehr schnell und ist relativ autonom. Es gibt seit 1991 ein Regionalparlament, das 2002 eine eigene Verfassung für die Autonome Region Kurdistan verabschiedet hat. Die Peschmerga sind seit 2005 Teil der irakischen Streitkräfte, also keine Milizen oder Rebellen. Sie dürfen im gesamten Irak operieren, während die irakische Armee nicht in die kurdischen Gebiete darf.

Im kurdischen Regionalparlament sind 111 Sitze auf 17 Parteien aufgeteilt. Zu den 100 »kurdischen Sitzen«, die normal gewählt werden, kommen 11 Sitze, die auf sechs Parteien der Minderheiten verteilt werden. Es gibt auch eine harte Frauenquote von 30%. Dennoch ist der Clan-Gedanke weiterhin wichtig: Die großen politischen Posten liegen oft in den Händen jener Clans, die schon lange die Macht innehatten. Das sind oft aber auch die Leute, die vor zwanzig Jahren unter Einsatz ihres Lebens für die Freiheit der Region kämpften, weswegen sie ein hohes Ansehen in weiten Teilen der Bevölkerung genießen.

Das Land finanziert sich derzeit in erster Linie durch die großen Ölfelder. Gerade unter der Provinz Kirkuk lagern große Ölvorkommen. Der Deal war lange, dass Bagdad das Öl verkauft und die kurdische Regierung einen Anteil davon bekommt. Über die Höhe gab es einigen Streit, so dass die kurdische Regierung begann, eigene Verhandlungen zu führen. Die Rechte gingen unter anderem an Exxon und Gazprom, eine Pipeline bringt das Rohöl zum türkischen Hafen Ceyhan. Doch gerade das sorgte zunehmend für Spannungen zwischen der kurdischen Regierung (KRG) und Bagdad. Während die KRG ihr Land sicher und für Touristen besuchbar macht, Öl verkauft und die Infrastruktur ausbaut, versinkt der Irak in Gewalt zwischen rivalisierenden bewaffneten Gruppen. Dazu war mit Al-Maliki lange ein Premierminister im Amt, welcher das Land teilt statt zu einen. Während Saddam die Schiiten von der Politik ausschloss und sie verfolgte, schließt Al-Maliki die Sunniten aus. Aber er schafft es nicht, den Irak sicher zu halten. In einigen Teilen des Landes hatte er noch nie die Kontrolle, in anderen kann er sie nur schwer halten. Dadurch sind alle seine Kräfte gebunden und er konnte den Alleingängen der kurdischen Regionalregierung nichts entgegensetzen. Dies ging so weit, dass die Kurden seit Mai dieses Jahres ihr Öl an Bagdad vorbei verkaufen. Über die Öl-Pipeline wurden Tanker befüllt, welche das Öl an Kunden in den USA und Israel lieferten.

Als der Krieg der ISIS in den Irak schwappte, war es kaum möglich, sie aufzuhalten. Die wenig motivierten irakischen Truppen standen einer brutalen Terrororganisation gegenüber. Die ISIS-Kämpfer schlachten ihre Feinde brutal ab und haben selber keine Angst vor dem Tod. In einem sehr schnellen Durchmarsch konnte die ISIS bis Mosul vorstoßen. Die ISIS ist eine hochgefährliche Kombination aus verschiedenen bekannten Akteuren: In der Basis sind Kämpfer aus der ehemaligen Al Quaida im Irak (AQI), dem »Mujahideen Shura Council«, der ISI, und befreite syrische Gefangene. Diese sind größtenteils Jihadisten-Salafisten mit niedrigem Bildungsgrad. In der Führung wirken alte, kriegserfahrene Saddam – Generäle, die die Gegend sehr gut kennen. Viele Details der Gruppe sind aber noch unklar. Sie haben beim Überfall auf Mossul im Juni 2014 ca. 500-900 Mio US$ erbeutet und verfügen vermutlich über ein Vermögen von 2,4 Milliarden US$. Beim Überrennen des Iraks haben sie viele Waffen aus irakischen Armeebeständen erbeutet, die die irakische Armee aus den USA erhalten hatte. Im syrischen Raqqa zeigte die IS erbeutete Al Hussein Raketen (SCUD) – die hoffentlich nicht mehr funktionieren, denn sonst hätten sie mehrere hundert Kilometer Reichweite. Das ganze Vorgehen der IS ist ordentlich, koordiniert und schnell. Sie haben es vor allem auf wehrlose Gruppen abgesehen. Dort können sie einfach für Terror sorgen und rasch Fläche gut machen. Den direkten Kampf mit ebenbürtigen Gegnern meiden sie, wenn möglich. Ein Peschmerga sagte mir nach einem Kampf mit der ISIS: »ISIS never fight you face to face, they use cover.«»Die ISIS kämpft nie von Angesicht zu Angesicht, die Nutzen die Deckung.« Sie benutzen selbstgebaute Bomben am Straßenrand (IEDs), greifen aus großer Entfernung an, oder sie lassen Scharfschützen zurück. Wenn sie aber direkt angreifen, wie kürzlich in Singal, dann von vielen Richtungen aus und mit einer deutlichen Übermacht.

Mossul ist eine Stadt an der Grenze zwischen Kurdistan und dem Irak. Bisher gehörte sie zum Irak, aber dort wohnen viele Kurden. Nachdem die IS die Stadt angriff, flüchteten die rund 30.000 dort stationierten irakischen Soldaten in Rekordzeit. Vor Ort lagen schusssichere Westen, Uniformen, Granaten, Gewehre, Schuhe und andere Ausrüstungsgegenstände auf dem Boden. Die zum Teil gepanzerten Fahrzeuge standen verlassen rum. Das Meiste nahm die IS mit. Im »Niemandsland« zwischen der IS- und der Peschmerga-Front lagen jedoch noch wochenlang einzelne Sachen herum. Die IS kam bis zum Tigris, der Mosul teilt. Sie griff die Peschmerga an, die sich jedoch heftig verteidigten. Nachdem das Kräftemessen vorerst beendet war, ergab sich eine relativ ruhige Front, an der man sich aufmerksam beobachtete. Auch der Mossul-Damm war einige Zeit recht ruhig. Vor zehn Tagen versuchte die IS, den Damm zu übernehmen, was ihr aber nicht gelang. Seitdem toben Kämpfe um den strategisch wichtigen Damm. Die USA sandte einige Special Forces Teams, um die Peschmerga zu unterstützen. Auch deutsche Militärberater sind vor Ort. Die USA unterstütze die Peschmerga mit Drohnen und F/A-18 Kampfjets, die vom Flugzeugträger »USS George Bush« aus starteten, der sich zurzeit im persischen Golf befindet. Bisher wurden rund 30 solcher Einsätze geflogen, aber ein Militärberater teilte mit, dass die USA die Luftangriffe eher einschränken als ausweiten werden. Ein »show of force«, also das Zeigen von Waffenstärke, sei nur politisch wichtig. Da aber die Zwischenwahlen in den USA anstehen und das Budget des US Militärs eng genug ist, wäre es eher eine Kostenfrage. Einen weiteren, teuren Irakeinsatz kann man der Öffentlichkeit einfach nicht verkaufen.

Zwischen Mosul und Syrien liegt der Ort Singal. Er wurde vergangene Woche von sieben IS Verbänden gleichzeitig aus sieben Richtungen angegriffen. Die in Singal stationierten Peschmerga-Truppen zogen sich zurück und wurden für diesen Rückzug vor ein Kriegsgericht gestellt. Die in Singal lebenden Jesiden sind friedliche, gläubige Menschen, die keine eigenen Sicherheitskräfte haben. Sie wurden zu Tausenden abgeschlachtet oder verdursteten in den nahegelegenen Bergen. Von dort aus wurden die meisten Überlebenden inzwischen evakuiert. Als die (irakischen) Peschmerga abzogen, füllte die syrische Volksbefreiungseinheit YPG die Lücke. Diese kämpften bisher nur in den kurdischen Gebieten im Norden Syriens bis nach Aleppo. Diese Gegend heißt auch Rojava. Hier stehen große Gebiete unter der Kontrolle der Partei der Demokratischen Union (PYD), die der PKK nahesteht. Die PYD hat die YPG ursprünglich gegründet, um die kurdischen Gebiete im syrischen Bürgerkrieg gegen die syrische Armee und gegen die »Freie Syrische Armee« (FSA) zu verteidigen. In einigen Gebieten kämpfen FSA und YPG aber auch gemeinsam gegen die syrische Armee. Durch den abklingenden Konflikt zwischen der Türkei und der PKK wurden dort Kämpfer frei, die die YPG unterstützen. Die YPG schafft es, mit nur 45.000 Mann und schlechter Ausstattung ihre drei Kantone vor der IS zu beschützen. Zuletzt gab es große Schlachten um Kobani, in welcher im Großen und Ganzen drei Dörfer an die IS fielen, sich die YPG aber sonst behaupten konnte. Als die IS im August 2014 Singal überrannte, hatte die YPG  genug Ressourcen, um die Lücke zu füllen und zumindest ein noch größeres Abschlachten von Jesiden zu verhindern. YPG und Peschmerga halten sich meist voneinander fern, da es diverse ideologische und politische Konflikte gibt. Gegen die IS kämpfen sie aber regelmäßig zusammen. Es gibt bei der YPG auch ein Frauen-Battailon mit dem Namen YPJ.

Die zweite große Front liegt bei Kirkuk. Die Provinz und die Stadt Kirkuk wurden im Golfkrieg von den Amerikanern erobert. Danach sollte es – laut der irakischen Verfassung – bis 2007 ein Referendum geben, in dem entschieden wird, ob Kirkuk irakisch oder kurdisch wird. Dieses fand allerdings nie statt. Kirkuk blieb lange beim Irak, doch seit Juli wehen auch hier kurdische Flaggen. Die IS-Peschmerga-Front verläuft derzeit ca. 40 Kilometer südlich der Stadt Kirkuk. Auch hier war es sehr lange sehr ruhig. In den letzten Tagen kam es jedoch auch hier zu Gefechten.

Den Peschmerga mangelt es weder an Mannstärke, noch an Geld oder an Motivation: Um die Terroristen zurückzudrängen, brauchen sie derzeit schlicht Waffen und Munition. Diese liefert man ungern in solche Gegenden, muss aber einsehen, wann es nötig ist. In Srebreniza und Ruanda gab es bereits Gräueltaten, bei denen die Welt Zaungast war. Geholfen hat man nur davor und danach. Das darf sich nicht wiederholen. Die kurdische Regionalregierung hat die ganze Welt gebeten, ihnen zu helfen. Die USA, Österreich und Frankreich lieferten bereits Waffen. Aus Kanada und Israel wird in Kürze weitere Hilfe erwartet. Schon damit konnte der Vormarsch der IS auf die kurdischen Gebiete deutlich gebremst werden. Mit den neuen Waffen und der Luftunterstützung der USA ist es in greifbare Nähe gerückt, die ISIS zurückzudrängen.

Der plötzliche Vormarsch der IS hat dafür gesorgt, dass die Welt auf Kurdistan blickt. Doch dort war bis vor wenigen Wochen ein anderes Thema das beherrschende. Nachdem sich die politische Front zwischen Erbil und Bagdad verhärtet hatte, strebte man dort nach Unabhängigkeit. Das Parlament stimmte bereits ab und strebt ein Referendum an. Es wird spannend, ob dieses Thema in der nach-IS Zeit wieder hochkommt, oder ob es einen Deal mit den USA gab, den Irak als Ganzes zu erhalten, wenn sie dafür mit Luftschlägen helfen. Der amerikanische Außenminister Kerry hatte sich, wie aktuell auch Steinmeier, gegen einen unabhängigen Staat der Kurden und für einen föderalen Irak ausgesprochen, der israelische Premierminister für das Gegenteil.

Im Land selber stehen die Zeichen klar auf »Unabhängigkeit«. Das merkt man auch, wenn man vor Ort mit der Bevölkerung redet. Der Kampf gegen die IS scheint dort immer noch zweitrangig, da man auf die eigenen guten Truppen vertraut.

Vertreter der Piratenpartei sind seit mehreren Jahren regelmäßig vor Ort gewesen. Sie haben die Diskussion über einen souveränen kurdischen Staat in den Grenzen der autonomen Region Kurdistan in die Partei gebracht. Bereits vor eineinhalb Jahren haben sich die Piraten in ihrem Meinungsbildungstool Liquid Feedback für diese Unabhängigkeit ausgesprochen.

Hinweis:
Während dieser Artikel zur Veröffentlichung fertiggestellt wurde, haben sich im Irak weiter die Ereignisse überschlagen. Der Staudamm bei Mossul ist offenbar, auch dank Unterstützung durch US-amerikanische Truppen wieder in der Gewalt der Peschmerga. Die IS droht indes den Amerikanern, »sie werden im Blut ertrinken«. Auch die Diskussion um einen Kurdenstaat geht weiter. –Red.
Mehr von Enno Lenze zur Lage in Kurdistan, und Fotos und Berichte von seiner letzten Reise dort hin, findet ihr auf Ennos Blog unter ennolenze.de.
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TTIP-Freihandelsabkommen soll Fracking über Umweg nach Europa bringen https://www.piraten-herne.de/ttip-freihandelsabkommen-soll-fracking-ueber-umweg-nach-europa-bringen/ Sun, 09 Mar 2014 18:38:25 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=957 Eine neue Studie der Nichtregierungsorganisation Power-Shift belegt, dass Energiekonzerne über das im Transatlantischen Freihandelsabkommen vorgesehene Investor-Staats-Klagerecht (ISDS) die Nutzung der hoch umstrittenen Fördertechnologie Fracking in Europa durchsetzen könnten. Dazu erklärt Bruno Kramm, Beauftragter für das Freihandelsabkommen TTIP und Kandidat der Piratenpartei Deutschland für die Europawahlen im Mai:

»Auch wenn die Europäische Kommission und EU-Kommissar Karel de Gucht immer wieder abwiegeln: Die Klagerechte, die im aktuell zwischen Europa und USA verhandelten Freihandelsabkommen TTIP vorgesehen sind, gleichen jenen des NAFTA-Abkommens.

Bei NAFTA war die kanadische Provinz Quebec das erste Opfer, das wegen seines Moratoriums gegen Fracking vom Ölkonzern Lone Pine zu einem Schadensersatz von 250 Mio. US-Dollar verurteilt wurde. Und Wenn Öl- und Gaskonzerne Fracking auch in Europa einklagen können sollen, wird Umwelt und Gesundheit auch hier zur Verhandlungsmasse der Lobbyisten und Hinterzimmerpolitiker erklärt.

Offiziell hat de Gucht das Investor-Staats-Klagerecht ausgesetzt. Doch im Hintergrund
wird fieberhaft an einer neuen Version geschrieben. Doch Ein Klagerecht, das seinem Ursprung nach zum Investitionsschutz in Krisenregionen gedacht war, darf nicht als Handelsdiktat missbraucht werden, um die Demokratien in den USA und Europa zu erpressen.
«

[1] Link zur Studie von Power-Shift:
http://power-shift.de/wordpress/wp-content/uploads/2014/03/Kurzstudie-Fracking-TTIP-CEO_PowerShift_FoE-Europe-et-al-3-2014.pdf

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Vor EU-Gipfel in Brüssel: 10 Punkte für eine bessere Asyl- und Flüchtlingspolitik https://www.piraten-herne.de/vor-eu-gipfel-in-bruessel-10-punkte-fuer-eine-bessere-asyl-und-fluechtlingspolitik/ Wed, 23 Oct 2013 16:27:23 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=658 Weiterlesen ]]> Anlässlich des anstehenden EU-Gipfels in Brüssel und der erwarteten Diskussion über die Flüchtlingssituation in Europa stellt die Piratenpartei Deutschland zehn Forderungen für eine bessere Asylpolitik auf. Dazu Anne Helm, Themenbeauftragte für Asyl und Migration:

»Wir brauchen jetzt eine echte Kehrtwende in der Asylpolitik, anstatt in Aktionismus die repressive Abschottungspolitik noch zu verschärfen. Es ist gerade diese Abschottungspolitik, die für die aktuelle Menschenrechtssituation in Europa ursächlich ist.

Wir fordern deshalb:

1. Eine Kehrtwende hin zu einer humanitären und solidarischen Asylpolitik

Die Gewährung von Asyl ist eine humanitäre Verantwortung. Verantwortungsvolle Asylpolitik dient nicht der Befriedung egoistischer wirtschaftlicher oder nationalstaatlicher Interessen. Kontingente und andere zahlenmäßige Beschränkungen der Flüchtlingsaufnahme widersprechen dem Grundrecht auf Asyl. Jeder, der in seinem Heimatstaat unter Verfolgung – egal ob durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure – leidet, hat ein Recht auf Asyl in einem anderen Land seiner Wahl. Wir fordern deshalb eine Kehrtwende hin zu einer Asylpolitik, die sich wieder zu 100 Prozent am Grundrecht orientiert.

2. Schluss mit Dublin II und freie Ortswahl für jeden Flüchtling

Die aktuelle Regelung, die besagt, dass Flüchtlinge nur in dem EU-Land asylberechtigt sind, das sie auf ihrer Flucht zuerst betreten, ist eine unzulässige Beschneidung von Freiheitsrechten. Zudem bringt diese sogenannte Drittstaatenregelung – auch ›Dublin-II-Abkommen‹ genannt – die oft krisenbehaften Länder an den südlichen und östlichen EU-Außengrenzen an den Rand ihrer Kräfte. Oftmals unterlaufen Länder wie Italien und Griechenland bereits aus Notwehr die Vereinbarungen, da EU-intern der finanzielle Ausgleich für die Flüchtlingsaufnahme fehlt. Wir fordern deshalb die Abschaffung des Dublin-II-Abkommens und die Einführung der Wahlfreiheit bei der Wahl des Landes, in dem der Asylantrag gestellt werden soll. Eine Regelung dieser Art kommt den grundrechtlichen Pflichten auf Gewährung von Asyl wesentlich näher und verteilt die entstehenden Lasten gerechter auf mehrere Länder.

3. Einrichtung von Euro-Botschaften zur Entkriminalisierung von Flucht

Aus Angst, an den Grenzen abgewiesen zu werden, wählen Menschen für ihre Flucht teilweise sehr gefährliche und nicht selten todbringende Wege. Internationale Schlepperbanden profitieren zudem von ihrem Leid. Wir fordern deshalb die Einrichtung von Euro-Botschaften in Krisenregionen, damit Flüchtlinge bereits direkt am Startpunkt ihrer Reise einen Antrag auf Asyl im Wunschland stellen können und Visa zur legalen Einreise erhalten.

4. Echtes Asyl durch eine Erweiterung der anerkannten Asylgründe

Nach derzeitiger Regelung kann nur der Flüchtling politisches Asyl erhalten, der von staatlicher Seite aufgrund seiner politischen Gesinnung, sexuellen Identität oder Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe oder Religion verfolgt wird. In der heutigen Realität der Bürgerkriege sind neben den staatlichen viele nichtstaatliche Akteure getreten, die Menschen gleichermaßen unterdrücken und verfolgen können. Weiterhin bedrohen auch Klima- oder Umweltkatastrophen, Armut oder Hunger Menschen in ihrer Existenz. Das aktuelle Asylrecht bildet diese neuen Situationen nicht ab. Viele Probleme der derzeitigen Flüchtlingspolitik resultieren aus den veralteten Regelungen. Wir fordern deshalb ein zeitgemäßes Asylrecht und eine Ausweitung der anerkannten Asylgründe z. B. auch auf Hunger, Armut und Klima- oder Umweltkatastrophen.

5. Abkehr von ›Festung Europa‹: EUROSUR stoppen und FRONTEX abschaffen

Allein in das neue Überwachungssystem EUROSUR werden aktuell hunderte Millionen Euro investiert. Mit hochtechnisierten Mitteln soll so verhindert werden, dass flüchtende Menschen überhaupt in EU-Hoheitsgewässer gelangen. Wir fordern ein Ende der Abschottungspolitik und den sofortigen Stopp in Investitionen dieser Art. Freiwerdende Gelder können besser in die humanitäre Seenotrettung, bessere Asylunterkünfte oder die Ausbildung des Personals im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge investiert werden.

6. Recht auf ein faires Asylverfahren sowie juristische und sonstige Unterstützung

Jeder Asylsuchende hat das Recht auf ein faires Asylverfahren. Dazu gehört, dass jedem Asylsuchende rechtlicher Anspruch auf eine juristische Vertretung sowie auf eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher gewährt wird. Auch der Personalstand im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss erhöht werden, damit faire Verfahren nicht schon am fehlenden Personal scheitern.

7. Recht auf Arbeit, soziale Sicherung und Bewegungsfreiheit

Asylsuchende dürfen meist nicht arbeiten und sich aufgrund der Residenzpflicht auch nicht oder kaum frei bewegen. Auf Basis des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten sie zudem unzureichende Sozialleistungen oder befinden sich in einem diskriminierenden Gutscheinsystem. Doch auch Asylsuchenden müssen wesentliche Rechte gewährleistet sein. Wir setzen uns deshalb für ein Arbeitsrecht auch für Flüchtlinge ein. Insbesondere so genannten ›Papierlosen‹ – also Menschen, die hier arbeiten, aber keine Papiere haben – soll schneller ein unbeschränktes Aufenthalts- und Arbeitsrecht gewährt werden. Die Residenzpflicht muss ausnahmslos abgeschafft werden. Weiterhin sollen Asylsuchende – wie jeder andere auch – das Recht haben, ALGII und ähnliche Leistungen zu beantragen.

8. Recht auf Internetzugang

Ein Internetanschluss bietet leichten Zugang zu Bildung und Kultur, die Möglichkeit, während des laufenden Asylantrags Kontakt zur juristischen Vertretung zu halten, sich über die deutsche Rechtslage zu informieren oder Kontakt zu Familienmitgliedern, Freundinnen und Freunden aufzunehmen. Jedem Asylsuchende muss deshalb der Zugang zum Internet gewährt werden.

9. Keine Diskriminierung von Wirtschaftsflüchtlingen

Es gibt keine edlen oder unedlen Gründe für die Flucht. Menschen haben auch das Recht, vor dem Verhungern oder Erfrieren zu fliehen, und sind deshalb keine schlechteren Menschen. Deshalb setzen wir uns für eine Ausweitung der Asylgründe und eine schnellere Gewährung des Rechts zu arbeiten ein.

10. Mehr Bildungs- und Aufklärungsarbeit zum Abbau von Ressentiments

Wir unterstützen Projekte, die ein friedliches Zusammenleben fördern und Intoleranz bekämpfen. Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.«

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Grenzüberwachung EUROSUR rettet keine Flüchtlinge, sondern treibt sie zurück in Not https://www.piraten-herne.de/grenzueberwachung-eurosur-rettet-keine-fluechtlinge-sondern-treibt-sie-zurueck-in-not/ Mon, 14 Oct 2013 16:51:50 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=637 Mit der erwarteten Entscheidung für das Grenzsystem EUROSUR stimmten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments am letzten Donnerstag der Überwachung der EU-Außengrenzen und dem Aufspüren von Flüchtlingen mit Hilfe von Drohnen, Offshore-Sensoren und Satellitensuchsystemen zu. Die Piratenpartei Deutschland lehnt das neue System vollständig ab und fordert einen sofortigen Stopp des Projekts. Besondere Kritik üben die PIRATEN an den Vorschlägen von Innenminister Hans-Peter Friedrich, wie er sie auf dem Treffen der Innenminister am 7. und 8. Oktober äußerte.

»Das EU-Überwachungsprojekt EUROSUR ist eine finanzielle, technische, menschenrechtliche und politische Katastrophe. EUROSUR rettet auch keine Flüchtlinge, sondern hilft dabei, Menschen auf der Flucht frühzeitig abzufangen und sie wieder in die für sie oft lebensbedrohlichen Umstände abzuschieben. Das Projekt muss gestoppt werden, bevor es zu spät ist. Wir brauchen Lösungen, wie wir Flüchtlingen helfen können, und keine Überwachungssysteme, um uns Mitmenschen in Not vom Hals zu halten. Das sollte insbesondere bei unserem Innenminister Friedrich mal so langsam ankommen«, fordert Anne Helm, Beauftragte für Asyl und Migration der Piratenpartei Deutschland, womit sie auf Aussagen von Friedrich zu EU-Justizkommissarin Viviane Reding anspielt.

Insbesondere datenschutzrechtlich wirft das System viele Fragen auf. So ist auch laut einer Studie der Heinrich-Böll-Stiftung [2] zu erwarten, dass infolge des Einsatzes von Drohnen und anderen luftgestützten Überwachungssystemen viel mehr personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet werden als bisher behauptet. Weiterhin bedient sich das System 24 verschiedener einzelstaatlicher Grenzüberwachungssysteme und Koordinationszentren, die bilateral und mittels FRONTEX vernetzt werden sollen. Außerdem ist eine Integration von EUROSUR in den großen Gemeinsamen Informationsraum (CISE) der EU vorgesehen, so dass Informationen mit einer ganzen Reihe dritter Akteure – wie Polizei und Verteidigungskräften – ausgetauscht werden können.

»An den Außengrenzen der EU wird heute schon der Orwellsche Überwachungsstaat geprobt. Es geht hier nicht einfach nur um Datenschutz, sondern um die ganz wesentliche Frage, wie frei und unbeobachtet wir in Zukunft noch leben wollen. Diese Frage darf nicht einfach von einigen wenigen in Hinterzimmern beantwortet werden. Wir brauchen hier eine öffentliche und intensive Diskussion, an der sich alle Bürger Europas beteiligen können, und eine Kehrtwende hin zu einer menschenwürdigen Asyl- und Migrationspolitik«, betont Katharina Nocun, Politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschland.

Quellen: [1] Mitteilung des BMI zum Treffen der EU-Innenminister: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2013/10/ji_rat_erg.html [2] Studie der Heinrich-Böll-Stiftung zu EUROSUR: http://www.boell.de/sites/default/files/assets/boell.de/images/download_de/publikationen/TXT_20120522_ZusammenfassungEUStudie_Grenzwertig.pdf

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