NSA – Piraten-Herne | Klarmachen zum Ändern! https://www.piraten-herne.de Klarmachen zum Ändern! Sun, 22 Sep 2019 18:39:38 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 188010041 PIRATEN fordern erneut Asyl für Edward Snowden https://www.piraten-herne.de/piraten-fordern-erneut-asyl-fuer-edward-snowden/ Sun, 22 Sep 2019 18:39:38 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=3252 Mehr als sechs Jahre sind die Enthüllungen des US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden nun her. Seit seiner Flucht aus Hongkong sitzt er immer noch in Russland fest. Am Dienstag, dem 17. September, wurde seine Autobiographie „Permanent Record: Meine Geschichte“ veröffentlicht. Zur Vorstellung dieses Buches gab Snowden einige Interviews, auch deutschen Medien. In diesen machte er deutlich, dass er immer noch hofft, in Deutschland politisches Asyl zu erhalten.
Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, kommentiert dazu:
„Die Piratenpartei sieht im Aufdecken von Überwachungs- und Spionagemaßnahmen gegen die Bevölkerung eine wichtige Leistung für die Demokratie und für die Gesellschaft. Menschen wie Edward Snowden verdienen Schutz und Anerkennung statt Ächtung und Verfolgung. Deshalb sollte die deutsche Bundesregierung sich nicht nur dazu bereit erklären, Edward Snowden Asyl in Deutschland zu gewähren, sondern sich auch endlich um Schutz für Whistleblower, wie ihn die Piratenpartei schon lange fordert, kümmern!“
Mit seinen Enthüllungen hat Edward Snowden der ganzen Welt die Augen geöffnet und einen der größten Geheimdienstskandale öffentlich gemacht. Durch die Aufdeckung US-amerikanischer Massenüberwachungsprogramme ist er zum Helden geworden und verdient dauerhaft sicheren Aufenthalt in einem Rechtsstaat. Die Bundesregierung, die dies aus Rücksicht auf die USA bisher verweigert, muss sich endlich bewegen!

Plakat_klein

]]>
3252
PIRATEN-Statements zwei Jahre nach „Merkelphone“ https://www.piraten-herne.de/piraten-statements-zwei-jahre-nach-merkelphone/ Sun, 25 Oct 2015 19:29:05 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=2026 Weiterlesen ]]> Vor zwei Jahren wurde von der Presse enthüllt, dass das Handy von Kanzlerin Merkel auch zu den vielen Millionen durch die NSA auf der Welt abgehörten Telefonen gehört.

Nachdem die Bundespolitik sich vorher nicht wirklich für die NSA-Affäre interessiert hatte, brach allgemeine Entrüstung in allen Parteien aus, und die Bundeskanzlerin kam zu dem Schluss: „Abhören unter Freunden, das geht gar nicht.“

Es ging und geht aber leider immer noch, da die Bundesregierung nichts gegen die Methoden der NSA unternimmt und in allen politischen wie publizistischen Ebenen versucht, die Aufklärung zu behindern.

Wir haben nun Statements zwei Jahre nach „Merkelphone“ eingeholt:

 

JENS-STOMBER-FOTO-PRIVAT-CC-BY-NC-ND-kptin12_079_ausschnitt-BLOG
Jens Stomber – NSA-Beauftragter der Piratenpartei:
Wenn auch die Politik aus der NSA-Affäre trotz anfänglicher Lichtblicke [http://is.gd/LIBE_NSA] am Ende doch noch immer nichts lernen will, so hat wenigstens die Tec-Community ihre Lehren gezogen und ist inzwischen für Datenschutz und Privatsphäre stark sensibilisiert. Zahlreiche freie Projekte sind gerade im Zuge der Enthüllungen von Edward Snowden entstanden und auch Verschlüsselung ist für viele Anwender heute kein Fremdwort mehr. Hier drei ausgewählte Beispiele:
Der Piratenpartei kam bei der Aufklärung leider wider Erwarten keine aktive Rolle zu. Daher möchten wir euch ermuntern, die Ereignisse mindestens kritisch zu verfolgen https://wikileaks.org/bnd-nsa/sitzungen/index.de.html oder vielleicht sogar selbst aktiv zu werden: Leak more documents!
Manfred Schramm
Manfred Schramm – Politischer Geschäftsführer der PIRATEN NRW:
Wir sollten in Deutschland die glückliche Erfahrung von 70 Jahren Frieden und Wohlstandsentwicklung verinnerlicht haben. Aber auch bei uns wirken die Instrumentarien der Angst und ermöglichen unseren Regierungen, nur scheinbar notwendige Gesetze zu erlassen, die im Kern menschen- und bürgerrechtsfeindlich sind. Es ist verständlich, dass die USA nach 9/11 bis ins Mark verunsichert waren; es war der erste Angriff auf US-amerikanischem Territorium.
Daraus erwuchs eine Angst, die den Entscheidern den Weg zu Gesetzen und Handlungen ebnete, die im ‚land of the free‘ vorher nicht vorstellbar waren. Dass nun die Bundesregierung Milliarden von Euro ausgibt, um sich und uns mit wenig sinnvollen Antiterrormaßnahmen zu beruhigen und dabei die bürgerlichen Freiheiten zu beschneiden, ist einer diffusen und irrationalen Angst geschuldet, die bei den Menschen erzeugt wurde. Was ist das für ein Staat, der seine Bürger in Angst lässt oder gar bringt? Bevor wir der Auswüchse wie NSA, VDS oder BDA Herr werden können, müssen wir uns von der Angstregentschaft und denen, die sie benutzen, befreien. Es gab schon einmal ein „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ (sog. Ermächtigungsgesetz 1933). Ein Gesetz solcher Art brauchen wir nicht erneut!
Christian_Thiessen
Christian Thiessen – Landesvorsitzender der Piratenpartei Schleswig-Holstein:
Wer die Vorratsdatenspeicherung wieder einführt, kann sich den Untersuchungsausschuss sparen. Ob wir der NSA nur die Daten geben oder diese sich in unsere Systeme hackt, ist dann doch zweitrangig.
Es gibt nur einen wirksamen Datenschutz, nämlich Datensparsamkeit. Jede Sammlung von Daten unbescholtener Bürger ist eine Gefahr für unsere Demokratie.

CC-BY-SA/photo: BARTJEZ.cc

CC-BY-SA/photo: BARTJEZ.cc

Bruno Kramm – Landesvorsitzender der Piratenpartei Berlin :
Die NSA/BND-Affäre hat uns in den letzten zwei Jahren schmerzhaft das Ausmaß staatlicher und wirtschaftlicher Bespitzelung aller Menschen, gleich welcher Nation oder Herkunft, vor Augen geführt. Wenn die Big-Data-Analyse von scheinbar beiläufig gespeicherten Informationen mit der Forschung zur Verhaltensdeterministik die Aktivitäten von Menschen bereits morgen und übermorgen bewerten und vorhersagen kann, wenn die Angst vor einer kafkaesken Vorverurteilung durch den digitalen Doppelgänger unser Bewusstsein blockiert, wird es nicht lange dauern, bis jegliches zivilgesellschaftliches Engagement und jede freie Willensäußerung im Keim erstickt sind. Wir brauchen eine global wirksame, digitale Befriedung, die die massenhafte Überwachung als die Geißel des 21. Jahrhunderts erkennt und endlich den Schutz der Privatsphäre aus Artikel 12 der Menschenrechtserklärung zur weltweiten Aufgabe erklärt.
NICOLE BRITZ - Landesvorsitzende PIRATEN Bayern
Nicole Britz – Landesvorsitzende der Piratenpartei Bayern:
Der NSA-Untersuchungsausschuss ist eine Farce. Die Bundesregierung tut nicht nur nichts, um die eigene Bevölkerung vor ausländischen Geheimdiensten zu schützen, sie bringt mit der Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung – schönfärberisch jetzt Höchstspeicherfrist genannt – eine Verschärfung der Überwachung. Fazit nach zwei Jahren: Es hat sich etwas geändert hinsichtlich derr Massenüberwachung – es ist noch schlimmer geworden.
Quelle: https://www.piratenpartei.de/2015/10/23/piraten-statements-zwei-jahre-nach-merkelphone/

 

]]>
2026
Veröffentlichung der Protokolle des NSA-Untersuchungsausschusses: Danke Wikileaks! https://www.piraten-herne.de/veroeffentlichung-der-protokolle-des-nsa-untersuchungsausschusses-danke-wikileaks/ Thu, 14 May 2015 13:51:26 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=1821 BND-Affäre und NSA-Skandal

Von Jens Stomber, Themenbeauftragter der Piratenpartei Deutschland für den NSA-Skandal.

In der BND-Affäre begrüßt die Piratenpartei die Veröffentlichung der Protokolle der öffentlichen Sitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses durch die Enthüllungsplattform Wikileaks.

Aktuell sind Sitzungen von Untersuchungsausschüssen und entsprechende Protokolle grundsätzlich nicht öffentlich, jedoch kann ein Ausschuss jederzeit Öffentlichkeit nach eigenem Ermessen zulassen.

»Ich bin dafür, dass wir so viel wie möglich öffentlich erörtern.«

Genau mit diesen Worten hatte just der erste Vorsitzende Clemens Binninger (CDU) versprochen, dass genau das beim NSA-Untersuchungsausschuss passieren sollte. Doch wer ihm das glaubte, sah sich schon bald getäuscht: Denn Tatsache ist, dass die offiziellen Protokolle der öffentlichen Sitzungsteile, bei denen also Journalisten und Bürger als Zuschauer an der Sitzung teilnehmen und daraus berichten können, bisher der Öffentlichkeit vorenthalten waren.

Die Einsetzung des Untersuchungsausschusses hat bisher vor allem dazu geführt, dass die Aufklärung institutionalisiert wird und der Ausschuss sich einen Informationsvorsprung vor dem Schwarm der interessierten Netzbewohner sichert. Da wir jedoch nach allem, was bisher geschah nicht mehr davon ausgehen dürfen, dass die Bundesregierung es mit der Aufklärung ernst nimmt, begrüßen wir den mutigen Schritt von Wikileaks, allen Interessierten die als nicht öffentlich klassifizierten Protokolle zur Verfügung zu stellen.

Damit bietet sich auch außerparlamentarischen Akteuren die Gelegenheit, sich an der Aufklärung zu beteiligen. Wenn der Ausschuss es nicht leisten kann oder will, müssen wir das eben wie in der Anfangszeit der Snowden-Leaks aus der Community crowdsourcen. Um die gesellschaftliche Debatte über Überwachungstechnologien haben zu können, die nötig ist, brauchen wir eine informierte Öffentlichkeit. Viele Menschen haben jetzt das erste Mal die Möglichkeit, sich selbst ein Bild zu machen. Informationen, die bisher nur wenigen Journalisten und Politikern zugänglich waren, stehen nun der Allgemeinheit zur Verfügung.

Ich rufe alle dazu auf, sich intensiv mit den Veröffentlichungen zu befassen und Politik und Presse kritisch zu hinterfragen!

 

Quelle: https://www.piratenpartei.de/2015/05/14/veroeffentlichung-der-protokolle-des-nsa-untersuchungsausschusses-danke-wikileaks/

]]>
1821
BND-Affäre: Piraten stellen Strafanzeige gegen führende Köpfe https://www.piraten-herne.de/bnd-affaere-piraten-stellen-strafanzeige-gegen-fuehrende-koepfe/ Wed, 29 Apr 2015 18:58:28 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=1790 Der Vorsitzende der Piratenpartei NRW, Patrick Schiffer, und mehrere Mitglieder der Piratenfraktion unter Federführung des stellv. Fraktionsvorsitzenden und justizpolitischen Sprechers der Fraktion, Dietmar Schulz, stellen Strafanzeige gegen führende Beamte in Kanzleramt und Bundesnachrichtendienst. Das hat Joachim Paul, Vorsitzender der Fraktion, am heutigen Mittwoch Vormittag in einer von den PIRATEN beantragten »Aktuellen Stunde« zur BND-Affäre mitgeteilt.

Konkret richtet sich die Anzeige gegen die ehemaligen und jetzigen Kanzleramtsminister Dr. Frank-Walter Steinmeier, Dr. Thomas de Maizière, Ronald Pofalla und Peter Altmeier, gegen die ehemaligen und jetzigen Geheimdienst-Koordinatoren im Kanzleramt Ernst Uhrlau (zugleich ab 2006 Chef des Bundesnachrichtendienstes), Klaus-Dieter Fritsche und Günter Heiß sowie gegen die ehemaligen und jetzigen Chefs des Bundesnachrichtendienstes August Hanning, Ernst Uhrlau und Gerhard Schindler. Sie werden verdächtigt, geheimdienstliche Agententätigkeiten für eine fremde Macht im Sinne von § 99 Strafgesetzbuch ausgeübt oder diese gefördert oder wissentlich geduldet zu haben. Dies kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren geahndet werden.

Dr. Joachim Paul, Vorsitzender der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Wir haben hier den Supergau der deutschen Innenpolitik. Seit den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013 hat es nicht lange gedauert bis zur Kernschmelze jeglichen Vertrauens in die staatliche Integrität. Die BND-Affäre zeigt: Es gibt ein eklatantes Staatsversagen der Sicherheitsbehörden. Das Bundeskanzleramt hat bei der Aufsicht des Bundesnachrichtendienstes versagt – und zwar sowohl unter christdemokratischer – als auch unter sozialdemokratischer Führung. Die deutschen Nachrichtendienste müssen wieder Teil des Rechtstaates werden. Der BND gehört an die parlamentarische Kette!«, erklärt Joachim Paul. »Es sollte auch im ureigenen Interesse der Landesregierung und des Landtags liegen, die Bundesregierung aufzufordern, die Kontrolle über den BND zurückzuerlangen!

Das Bundeskanzleramt war nachweislich seit dem Jahr 2008 informiert. Hierbei handelt es sich zweifelsfrei um Landesverrat. Wir fordern Aufklärung, Eingeständnisse, ein sofortiges Ende dieser Machenschaften und die Bestrafung der Täter.”

Daniel Schwerd, Netz- und Wirtschaftspolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW:

“In NRW sieht es nicht besser aus. Die Taktik von Rot/Grün, immer wieder darauf zu verweisen, dass nichts bewiesen sei, ist nicht länger tragbar. Innenminister Jäger sieht tatenlos zu, wie deutsche Nachichtendienste gefährliche Kooperationen mit ausländischen Geheimdiensten eingehen. Da hilft ihm auch keine Rückendeckung von seinem Abteilungsleiter Verfassungsschutz, der ‚keinen Grund zur Besorgnis’ sehen will. Dass der BND von sich aus Spionage für die NSA betreibt, ist entweder politisch so gewollt oder an Inkompetenz nicht zu überbieten. Wer hier nichts unternimmt, billigt nicht zuletzt Wirtschaftsspionage im eigenen Bundesland. Die Innen- und Sicherheitspolitik, selbsternanntes Kompetenzfeld christ- und sozialdemokratischer Hardliner, ist gescheitert.“​

Mitunterzeichnet wird die Anzeige vom Bundesvorsitzenden der Piratenpartei, Stefan Körner. Dieser fordert darüber hinaus direkt den Rücktritt von BND-Chef Gerhard Schindler.

 

Quelle: http://www.piratenpartei-nrw.de/2015/04/29/bnd-affaere-piraten-stellen-strafanzeige-gegen-fuehrende-koepfe/

]]>
1790
Der NSA Untersuchungsausschuss im Bundestag https://www.piraten-herne.de/der-nsa-untersuchungsausschuss-im-bundestag/ Thu, 15 Jan 2015 19:56:21 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=1643 Weiterlesen ]]> Persönliche Eindrücke von Kristos Thingilouthis, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei.

Passend zum Tage: Kristos wollte sich ein eigenes Bild machen und ist einfach hingefahren: Zum NSA-Untersuchungssausschuss nach Berlin. Seine Eindrücke twittert er direkt aus dem Saal unter dem Hashtag #nsaua. Hier hat er einige davon ungefiltert für uns zusammengestellt. Der Text ist noch aus dem alten Jahr. Geändert hat sich wenig. Und offenbar noch zum schlechten

Ich war ja nun einige Male in Berlin. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl in den Bundestag zu gehen, als Besucher mit dabei zu sein. Die Sitzungen folgen immer dem gleichen Muster: Der Vorsitzende eröffnet und befragt – meist durchaus kritisch – den eingeladenen Zeugen. Dann kommen die Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien an die Reihe: Union, SPD, Linke, Grüne.

Die Zeugen sind sehr unterschiedlich. Ich persönlich habe den Eindruck, dass die Arbeit beim BND dem Gedächtnis schadet: Zeugen, die noch beim BND arbeiten, wissen weniger und können sich schlechter erinnern. Von dieser Regel nehme ich speziell die Datenschutzbeauftragte aus. Sie hat für mich als eine der wenigen Kritisches ausgesprochen und auch Vorschläge gemacht, wie sie weiter arbeiten möchte. Als Negativbeispiel erinnere ich mich an eine Zeugin, die Mathematik studiert hat, sich aber nicht einmal an die gespeicherten Datenvolumen erinnern konnte und auch sonst nichts konkretes sagen »konnte«. Diese Zeugin sollte danach noch in einer geschlossenen Sitzung aussagen, doch ihr Anwalt räumte ein, sie wäre dazu nicht in der Lage. Ich habe für diese Schwäche absolutes Verständnis – sie litt augenscheinlich an einer Art BND-Amnesie. Geradezu verhöhnt fühlte ich mich allerdings, als ich später draußen vor dem Gebäude stehe und die gleiche Zeugin – die nun alles andere als kränklich wirkt – munter mit ihrem Anwalt weggehen sehe – mehr redend, als vorher im Ausschuss. Ein anderer Zeuge war besser vorbereitet. Er war sogar so gut vorbereitet, dass er vorher Akten gelesen hat, die der Ausschuss noch nicht mal kannte.

Wie eine rote Linie zieht sich im Ausschuss die Begründung durch, warum denn der BND »so« handeln muss: Terroristische Bedrohung! Es wird versucht, die Angst zu schüren damit eine Begründung vorhanden ist. Ein Totschlagargument, das alles rechtfertigt, um über Metadaten, Satelliten und Spione an Informationen ‘ranzukommen, deren Beschaffung sonst schwer zu begründen wären. Erschreckend ist, dass alle Zeugen, deren Vernehmung ich als Zeugen gehört habe, entweder an der BND-Amnesie leiden oder von dieser angeblichen Bedrohung überzeugt sind.

Unglücklich ist auch, dass das Kanzleramt im Ausschuss vertreten ist und jedes mal versucht, Einfluss zu nehmen. Man stelle sich vor, dass der  Angeklagte vor Gericht auf den Richter einwirken könnte, ob ihm die  Fragen genehm sind. Die Zeugen machen den Eindruck, sie seien vorher gebrieft – oder sogar geschult? – worden, wie sich vor dem Ausschuss verhalten sollen.

Frage: Wie viele Daten wurden gespeichert? Antwort: Es wurden keine Daten gespeichert.  –oder– An die Menge als solches kann ich mich nicht erinnern. Frage: Wurde XY-Tool zur Spionage benutzt? Antwort: Den Namen »XY-Tool« kenne ich nicht. Nachfrage: Mit diesem XY-Tool kann man Folgendes machen: … Antwort: Kann ich mich nicht erinnern.

So oder so ähnlich läuft das Ganze meist ab. Und wenn sich ein Zeuge mal verspricht, ist ja immer noch »das Kanzleramt« als Super-Joker zur Stelle, der dafür sorgt, dass ein etwaiger vielversprechender Ansatz nicht weiter verfolgt wird. Ein guter Trick der Geheimdienste ist es dabei, alle Jahre wieder die Namen der Tools zu ändern, um dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter sich heraus winden können und nichts konkretes sagen müssen.

Was auch gut zu laufen scheint bei den Geheimdiensten, ist der Handel wie auf einem Basar: Du gibst mir Infos, ich gebe dir Technik, damit du mir dann noch mehr Infos geben kannst. Und danach wissen alle von nichts. Klar bei der Menge an Informationen – da kann das auch keiner mehr richtig überblicken.

Mein persönliches Fazit: Wären wir Piraten im Bundestag, würden unsere Ausschuss-Mitglieder einen Herzinfarkt kriegen über so viel Dreistigkeit bei den Aussagen der BND-Zeugen, die sich als IT Spezialisten ausgeben, aber kaum etwas über ihre tägliche Arbeit wissen. Jeder einigermaßen normal denkende Mensch kann sich vorstellen, was in über 25 Datenbanken der neusten Technik abgespeichert werden kann – nur diese Spezialisten nicht.

Meine Bitte an die Mitglieder des Ausschusses: Lasst euch nicht beeinflussen vom Kanzleramt – lasst euch nicht hinters Licht führen von den Zeugen. Ihr seid als erstes für die Bürger zuständig, die Euch gewählt haben. Erst danach kommt, welches Parteibuch ihr habt. Ladet Edward Snowden ein. Denn das seid Ihr euren Wählern schuldig.

Euer Kristos

Update: Der #nsaua am 18. Dezember

Am Donnerstag war wieder Ausschuss-Sitzung. Was mich persönlich diesmal genervt hat war, dass ein Beamter mir verboten hatte, mein Handy zu benutzen. Das galt aber nur eine Zeitlang – später ist er auf mich zu gekommen und hob das Verbot auf.

Der Zeuge diesmal war ein lockerer ehemaliger Brigadegeneral der alten Garde. Er stand zu dem, was passiert ist und benutzte eine klare Sprache. Er sprach auch die soziale Seite an: Dass die Leute beim BND auch nur Menschen sind, und dass die NSA bei Erfolgen übertreibt und Misserfolge kleinredet. Einige Punkte waren in ihrer Direktheit aber schon erschreckend. Seine Aussage etwa, die besagte: Wenn wir elektronische Geräte in Deutschland kaufen, dann ist dort Technik eingebaut, die den Geheimdiensten in Übersee  ermöglicht, uns anzugreifen.

Das Entscheidende für uns Bürger:

  1. Man findet Vertreter der Geheimdienste, die wahrheitsgemäß und direkt antworten. Aber wenn es keine klaren Fragen gibt, dann antworten Sie auch nicht.
  2. Außer ein paar Spezialisten, die sich um dieses Thema kümmern, interessiert sich die breite Bevölkerung nicht.

Ich wünsche mir, das wir immer wieder Fragen stellen, um Antworten zu bekommen. Die Aufgabe der Piraten ist es, die Bevölkerung zu Spezialisten zu machen und dafür zu sorgen, dass alle aufgeklärt sind. Denn mit der Aufklärung kann man uns nicht mit der Angst vor Terrorismus fangen. Auch diese Angst vor dem Unbekannten ist es, die dann letzten Endes Ausfälle wie Pegida erzeugt. Nimmt man noch die CIA Foltermethoden dazu, dann hat unsere Gesellschaft eine Form erreicht die von der ursprünglichen Idee der Demokratie sehr weit entfernt ist.

Grenzen werden überschritten die ich weder als Christ noch als Pirat überschritten sehen möchte. Weihnachtsstimmung will so nicht wirklich aufkommen.

Euer Kristos

 

Quelle: https://www.piratenpartei.de/2015/01/15/nsaua-der-nsa-untersuchungsausschuss-im-bundestag/

]]>
1643
Piraten erzählen: NSA-Ausschuss – Folge 4 https://www.piraten-herne.de/piraten-erzaehlen-nsa-ausschuss-folge-4/ Thu, 03 Jul 2014 18:29:47 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=1252 Im März hat der Bundestag den NSA-Untersuchungsausschuss eingesetzt. Dieser setzt sich aus 8 Vertretern der 4 Bundestagsfraktionen zusammen.

In dieser Ausgabe von “Piraten erzählen” möchten wir euch die Ausschussmitglieder vorstellen und euch auch näherbringen, wie ein Untersuchungsausschuss im Allgemeinen aufgebaut ist.

]]>
1252
Ein Untersuchungssausschuss als Aufklärungssimulation https://www.piraten-herne.de/ein-untersuchungssausschuss-als-aufklaerungssimulation/ Mon, 23 Jun 2014 20:17:46 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=1227 Der  NSA-Untersuchungsausschuss hat endlich beschlossen, Edward Snowden als  Zeugen zu vernehmen. Aber nicht einfach so, wie die anderen 27 Zeugen. Nein: Mit Edward Snowden soll ein »Vorgespräch« geführt werden. Informell. In Moskau. Für diese merkwürdige Vorgehensweise gibt der Ausschuss keinen nachvollziehbaren Grund an – und noch nicht einmal eine offizielle Begründung, wie aus der Stellungnahme von Snowdens deutschem  Rechtsanwalt hervorgeht. Über die Presse wird abwechselnd lanciert, es bestehe Unklarheit über Snowdens Absicht, in die USA zurückzukehren, Snowden stünde in Moskau nicht einmal zu einem informellen Gespräch zur  Verfügung oder dass die Bundestagsabgeordneten erst einmal sondieren  wollten, welche Bedingungen Snowden für eine Vernehmung stellen würde.

Dabei wäre alles so einfach: Die Bundesregierung erklärt öffentlich, dass sie Edward Snowden sicheren Aufenthalt in Deutschland garantiert. Snowden reist ein und sagt vor dem Untersuchungsausschuss aus. Die  Bundesregierung überlässt ihm die Entscheidung, ob er das Risiko der verwickelten völkerrechtlichen Vertragseinbindung der Bundesrepublik auf  sich nehmen will, oder ob er in einen anderen Staat ausreisen möchte, der ihm sicherer erscheint. Die notwendige Informationsgrundlage für eine solche Entscheidung sollte Edward Snowden haben – mehr als die meisten von uns jedenfalls. Aber wie gesagt: Es wäre einfach. Denn die Bundesregierung müsste es erst einmal wollen.

Aber ganz offensichtlich will sie es nicht. Und so erweisen sich alle diese  Manöver als Teil einer großangelegten Verzögerungstaktik, die darauf ausgerichtet ist, der politischen Konfrontation mit der US-Regierung  auszuweichen. Vermutlich hofft man, dass Snowden Russland rechtzeitig –  also bevor es tatsächlich zur Befragung kommt – verlassen muss oder gar freiwillig in die USA zurückkehrt. Das war uns allen seit langem klar.

Seit   letzter Woche kommt allerdings ein weiterer Grund hinzu, der diese   Verzögerungen – aus der Sicht der Bundesregierung – notwendiger macht,   denn je. Es wurden nämlich weiterem pikate Details über die massenhafte  und anlasslose Überwachung des Internetverkehrs  bekannt: Ortsansässige  Dienste, unter ihnen der BND, kooperieren beim  Abhören der  Glasfaserkabel mit der NSA. Während die NSA Know-How, Spezialequipment  und Software zuliefern, übernehmen sie die Abstimmung mit den  Telefongesellschaften und die Installation des  Überwachungsequipments  vor Ort. Konkret zum BND wurde bekannt, dass er im Rahmen des  Überwachungsprogramms RAMPART-A mit der NSA und dem dänischen DDIS  zusammengearbeitet hat. Die Aufdeckung weiterer Verwicklungen darf  erwartet werden.

Jens  Stomber, Themenbeauftragter der Piratenpartei für den NSA-Skandal, zieht die Schlussfolgerung aus der neuen Faktenlage und erklärt damit auch das merkwürdige Vorabgespräch mit Snowden: »Es ist doch ganz  einfach: Die Nachrichtendienste wollen vor der offiziellen Aussage von  Edward Snowden wissen, wie viel er weiß. Dann können sie das betroffene  Abhörequipment an Internetknotenpunkten und Glasfaserleitungen noch  rechtzeitig deinstallieren, bevor der Generalbundesanwalt  endgültig  gezwungen ist, zu ermitteln. Der Kooperation der  Telekommunikationsunternehmen können sie sich dabei sicher sein. Und so  schlägt das Vorgespräch in Moskau zwei Fliegen mit einer Klappe: Man  erhofft sich wichtige Informationen und, da die Regierungsmehrheit  anschließend einen passenden offiziellen Vernehmungstermin festlegen kann, genügend Zeit, diese Informationen noch zur Verdunklung zu verwenden. Nur so können es die Dienste – und mit ihr die Regierung –  vermeiden, kalt erwischt und ein weiteres Mal öffentlich vorgeführt zu  werden.«

 

Quelle: https://www.piratenpartei.de/2014/06/23/ein-untersuchungssausschuss-als-aufklaerungssimulation/

]]>
1227
Wiederaufnahme: Strafanzeige der Piratenpartei wegen geheimdienstlicher Massenüberwachung https://www.piraten-herne.de/wiederaufnahme-strafanzeige-der-piratenpartei-wegen-geheimdienstlicher-massenueberwachung/ Thu, 20 Mar 2014 18:39:34 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=997 Weiterlesen ]]> Das folgende Schreiben wurde am vergangenen Freitag von der Rechtsabteilung der Piratenpartei an die beauftragten Anwälte der Liga für Menschenrechte et al. Hans-Eberhard Schultz und Claus Förster übermittelt. Die Rechtsanwälte werden den Text an den Generalbundesanwalt weiterleiten. Wir veröffentlichen das Schreiben hier in einer für euch kommentierten Version, um zu erklären, wie die geheimdienstliche Massenüberwachung die Arbeit der Piratenpartei stört.

Sehr geehrte Herren,
Wir schließen uns der Strafanzeige der Internationalen Liga für Menschenrechte, des Chaos Computer Clubs und Digitalcourage vom 03.02.2014 beim Generalbundesanwalt gegen Agenten US-amerikanischer, britischer und deutscher Geheimdienste, ihre Vorgesetzten sowie Mitglieder der Bundesregierung wegen geheimdienstlicher Massenüberwachung an.

Die zugrundeliegende Strafanzeige hat der CCC am 3. Februar gestellt. Den vollständigen Text kann man hier nachlesen: Strafanzeige-NSA.3.2.14.pdf (59 Seiten). Einer solchen Anzeige kann man beitreten, wenn man sich ebenfalls betroffen fühlt. Wer beitritt, ist eingeladen, seine Betroffenheit zu begründen.

Wir, die Piratenpartei Deutschland, sind unmittelbar von der illegalen Massenüberwachung deutscher, britischer und amerikanischer Geheimdienste betroffen, da unsere (Grund-) Rechte in ihrem Wesensgehalt verletzt werden.

Wir werden – wie ihr, wie alle – ausgehorcht, unsere Daten abgeschnorchelt und irgendwo irgendwie lange gespeichert. Sie werden nach unbekannten Algorithmen ausgewertet, miteinander verknüpft und unter den Geheimdiensten weitergegeben. Was vor einem Jahr noch als Verschwörungstheorie abgetan worden wäre, ist nun traurige Gewissheit. Noch viel trauriger ist die offensichtlich völlige Uneinsichtigkeit von »Diensten« und Regierungen

Denn mit den »Diensten« verstoßen auch die für ihre Kontrolle verantwortlichen Politiker – durch aktive Beteiligung oder Gewähren lassen – fortgesetzt gegen Grundrechte von Menschen in ihrem eigenen oder in anderen Ländern. Dabei ist es unfassbar, dass diese gedankliche Trennung überhaupt existiert: In den USA richtet sich viel mehr öffentliche Empörung gegen die (mitunter versehentliche) Bespitzelung von US-Bürgern als gegen die Massenüberwachung der ganzen Welt. Dies ist eine schlimme, nationalistische Tendenz. Und die deutschen »Dienste« machen munter mit – ja, sie freuen sich sogar über Datenlieferungen der »befreundeten« Dienste.

Gegen all das verbleibt uns Bürgern – neben unserem Wahlrecht – eigentlich nur Empörung. Und wir können dieser Empörung auf allen uns zugänglichen Kanälen Ausdruck verleihen. Einer dieser Kanäle ist diese Strafanzeige.

Natürlich haben wir wenig Hoffnung, dass aufgrund der Anzeige tatsächlich ernsthafte Ermittlungen aufgenommen werden und schließlich ordentliche Strafprozesse zu den notwendigen Verurteilungen und angemessenen Strafen für die Verantwortlichen führen. Dafür sind die aktuellen Strukturen auch gar nicht geeignet. Denn Agenten würden selbstverständlich rechtzeitig aus dem Geltungsbereich der deutschen Gesetzgebung abgezogen, und die direkte Beteiligung der verantwortlichen Politiker wird im Einzelnen schwer gerichtsfest nachvollziehbar sein. Und alle Beteiligten werden sich auf irgendwelche diffusen Aspekte der »nationalen Sicherheit« berufen, die es ihnen verböten, die notwendigen Unterlagen herauszugeben.

Die Staatsanwaltschaften dürften dem wenig entgegenzusetzen haben. Die Piraten fordern [1] unter anderem auch darum eine stärkere Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften. Nein, eine solche Anzeige ist natürlich ein politischer Schritt.

Die vielfältigen Überwachungsmaßnahmen der genannten Dienste bzw. Personen heben die Vertraulichkeit und Integrität der von der Piratenpartei betriebenen informationstechnischen Systeme faktisch auf. Wir müssen inzwischen davon ausgehen, dass jedwede Fernkommunikation innerhalb unserer Partei mitgehört oder -gelesen und ggf. sogar gespeichert wird. Nicht zuletzt, da es sich hierbei prinzipiell ausnahmslos um personenbezogene Daten besonderer Art gem. § 9 Abs. 3 BDSG (politische Überzeugung) handelt, ist das untragbar.

Die Piratenpartei versteht sich als Partei der Informationsgesellschaft. Mehr als bei anderen Parteien erfolgt die Willensbildung kollektiv und unter selbstverständlicher Benutzung des Internets in jeder denkbaren Weise.

Ein Großteil unserer parteiinternen Kommunikation auf Ebene des Bundes, der Länder, aber auch der Kommunen sowie der Arbeit unserer Fraktionen in vier Landtagen und dutzenden Kommunalparlamenten läuft elektronisch ab. Durch die Überwachung der Internetkommunikation werden sowohl die Rechte von gewählten Parteigremien wie etwa den Bundes- und Landesvorständen als auch die grundgesetzlich besonders geschützten Rechte unserer Abgeordneten in den Landtagen und Kommunen gravierend eingeschränkt.

Da die Überwachung flächendeckend erfolgt, werden aber auch die Rechte unserer Mitglieder eingeschränkt. Denn sie tauschen sich über Mailinglisten, soziale Netzwerke, Wikis, Online-Telefonkonferenzen und Blogs aus, vernetzen sich und organisieren gemeinsam die politische Willensbildung der Partei.

Durch den Einsatz elektronischer Hilfsmittel konnte die Piratenpartei in kurzer Zeit eine breite programmatische Aufstellung erarbeiten. Unsere bundesweit eingesetzten Meinungsbildungswerkzeuge »Liquid Feedback«, »WikiArguments« und »Lime Survey« sollen Piraten die Möglichkeit geben, online gemeinsam über Programm- und Satzungsanträge zu diskutieren und Meinungsbilder zu erstellen. Aber wir wollen in der Piratenpartei keine »Gesinnungsdatenbank«. Deswegen lassen wir pseudonymen und anonymen Zugriff zu und speichern nichts – die Geheimdienste schon.

Piraten, die am Willensbildungsprozess – aus welchen Gründen auch immer – anonym teilnehmen wollen, werden diesen Kanal daher nicht mehr nutzen. Schlimmer noch: Es stellt sich heraus, dass jahrelang praktisch jeder Klick im Netz mitprotokolliert worden ist. Nicht wenige Piraten fragen sich: »Werden wir auch in einigen Jahren noch in die USA oder sonst irgendwohin reisen können?«

Politische Meinungen werden nicht zufällig im Bundesdatenschutzgesetz zu den besonders schützenswerten Daten gerechnet, in einer Linie mit »rassischer und ethnischer Herkunft« und »Sexualleben«. Der Text mag manchen überraschen: »Besondere Arten personenbezogener Daten sind Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.« Die §§ 13 und 14 des Bundesdatenschutzgesetzes schränken dann Erhebung und Nutzung dieser »besonderen« Daten stärker ein als die anderer persönlicher Daten. Sicher aus guten Gründen – sind doch gerade solche Informationen in der deutschen Geschichte schon auf grausame Weise missbraucht worden.

Und jetzt werden sie wieder gespeichert. Von irgendwem. Irgendwie. Irgendwo. Für unbestimmte Zeit.

Wenn dies schon innerhalb einer Partei zu Problemen führt, dann betrifft es umso mehr auch Menschen, die an der Schwelle der politischen Beteiligung in einer Partei stehen, die sich für die Positionen der Piratenpartei interessieren. Wird jeder Klick protokolliert, steigt die Hemmschwelle für parteipolitische Beteiligung:

Weiterhin beeinträchtigt uns die Überwachung durch die oben genannten Dienste bzw. Personen in unserem grundgesetzlichen Auftrag zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung bis zur Unmöglichkeit: Bereits die Möglichkeit der Präsenz eines “mithörenden” Überwachers verändert das Verhalten von Menschen in einer Weise, dass politisches Verhalten vermieden wird. Dieser sog. »chilling effect« ist umso stärker, wenn die Überwachung nicht nur möglich, sondern eine allgegenwärtige Tatsache ist.

Die Begründung betrifft im Grunde alle politischen Parteien. Die Piratenpartei versteht sich aber mehr als andere Parteien als dem Netz verbunden. Bereits die Präambel des Parteiprogramms beginnt mit den Worten »Im Zuge der Digitalen Revolution aller Lebensbereiche…«. Und natürlich setzt sich die Piratenpartei mehr als andere Parteien für dieses Netz ein und versucht, über dieses Netz und den Umgang mit ihm zu informieren.

Schauen wir uns als Beispiel die von vielen Piraten bundesweit veranstalteten »Kryptopartys« an: Hier wollen wir interessierte Menschen nicht nur über Umfang und Folgen der elektronischen Überwachung informieren, sondern ihnen auch die Grundlagen digitaler Selbstverteidigung nahebringen. In Zeiten allumfassender Überwachung ihres Tuns fragen sich diese Menschen möglicherweise: »Wird man nun denken, ich habe etwas zu verbergen?« – und kommen deswegen nicht zur Kryptoparty.

Damit wird die Piratenpartei noch mehr als andere Parteien darin beeinträchtigt, ihrem Bildungsauftrag nachzukommen. Und ein allgemeines Muster wird sichtbar:

Wie bereits in Abschnitt A III 1 der Strafanzeige festgestellt wurde, verändert nämlich umfassende und anlasslose Überwachung die Verhaltensmuster der Menschen. Der als allgemein unterstellt angenommene Anfangsverdacht gegen jeden einzelnen Menschen und die daraus entstehenden Ängste vor gefühltem Fehlverhalten werden zur Richtschnur des eigenen Handelns. Vorauseilender Gehorsam vor einer gefühlten »herrschenden Meinung« ist die Folge. Politische Willensbildung wird hierdurch untergraben.

Dieser als »Chilling Effect« bekannt gewordene Sachverhalt wird von den Verfassungsgerichten durchaus anerkannt. Christian Rath hat das ausführlich beschrieben und durch viele Urteile belegt.

Insbesondere wird uns die Anregung und Vertiefung der politischen Bildung (vgl. § 1 Abs. 2 PartG) über Gebühr erschwert, da sowohl Mitglieder als auch andere Bürgerinnen und Bürger bei Nutzung von Informations- und Bildungsangeboten befürchten müssen, überwacht zu werden.

Wer vermutet – oder wie im vorliegenden Fall sogar weiß –, dass nicht nur der eigene Internetprovider, sondern auch eine Vielzahl von Geheimdiensten das Telekommunikationsverhalten beobachten, wird vielleicht überlegen:

»Jegliche Kontaktaufnahme mit der Piratenpartei – sei es durch den Besuch der Internetpräsenz, den Besuch eines Forums, die Teilnahme an Online-Telefonkonferenzen, den Besuch des parteiinternen Wikis, das Abonnement einer Parteimailingliste, eines Newsletters oder die Teilnahme an einer Online-Umfrage – wird durch Geheimdienste erfasst und auf unbekannte Zeit gespeichert. Worin könnten Spätfolgen dieser Überwachung bestehen? Kann ich sie abschätzen?«

Interessierte, aber auch Mitglieder werden unter Umständen sogar ganz davon absehen, Kontakt aufzunehmen. Und so geben sie ihren freien und ungehinderten Zugang zu Information auf, so schränken sie sich in ihrer politischen Partizipation ein. Nein: So wird ihnen der freie und ungehinderte Zugang zu Information verwehrt, so werden sie in ihrer politischen Partizipation eingeschränkt.

In dieser Atmosphäre ist der politische Meinungsbildungsauftrag der Piratenpartei nicht mehr vollständig zu erfüllen.

Die Vergangenheit hat – gerade auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland – hinreichend gezeigt, welches Missbrauchspotential gespeicherte und beliebig verknüpfbare Daten haben. Täglich neue Nachrichten über Sicherheitslücken zeigen deutlich das Risiko ausufernder Datensammlungen auf, werden doch allenthalben Daten gestohlen.

Ebenso wird uns die Förderung der aktiven Teilnahme am politischen Leben (vgl. § 1 Abs. 2 PartG) über Gebühr erschwert, da sowohl Mitglieder als auch andere Bürgerinnen und Bürger z. B. von der Teilnahme an Demonstrationen abgeschreckt werden.

Die Piratenpartei ist Mitveranstalter zahlreicher Demonstrationen gegen Überwachung und Internetzensur. Durch das Bewusstsein, dass jeder Besuch einer Demonstration durch das Abfangen von Standortdaten von Handys und Smartphones erfasst werden kann, und anlasslos, umfassend, und in unklarem Umfang und auf unbekannte Dauer gespeichert wird, werden Menschen davon abgehalten ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen. Durch eine flächendeckende Überwachung des Internets werden sie möglicherweise nicht einmal mehr wagen, die Internetpräsenz der Veranstalter zu besuchen oder in sozialen Netzwerken für Veranstaltung zu werben.

Es ist genau wie 2010 in diesem Urteil des Verfassungsgerichtes Berlin beschrieben – nur schlimmer, weil die Überwachung schon viel früher einsetzt und viel umfassender ist. »Mit dem Handy in der Hosentasche zur Überwachungsdemo« – da muss man schon tief durchatmen…

Darüber hinaus wird uns die Einführung der von uns erarbeiteten Ziele in den Prozess der staatlichen Willensbildung über Gebühr erschwert, da sowohl Mitglieder als auch andere Bürgerinnen und Bürger davon ausgehen müssen, dass die Kundgabe einer politischen Meinung bspw. in Form einer Petition oder in Form eines Antrags an eine unserer Fraktionen (vgl. unser Projekt “OpenAntrag”) von Unbekannten auf unbekannte Dauer zu unbekannten Zwecken gespeichert wird.

Die Einbindung von Bürgern in die parlamentarische Arbeit wird durch die allgegenwärtige Überwachung natürlich ebenso erschwert. Zahlreiche unserer Mitglieder haben Petitionen beim Bundestag eingereicht, die online gezeichnet werden können. Das Wissen, dass eine Unterzeichnung nicht nur vom deutschen Bundestag, sondern auch von Geheimdiensten nachverfolgt werden kann, wird Menschen von einer Teilnahme an derartigen Instrumenten abhalten.

Mit unserem Portal »Open-Antrag« ermöglichen wir es Bürgern, Anträge an die Fraktionen der Piratenpartei in den Landes- und Kommunalparlamenten zu stellen. Wir erlauben ausdrücklich die Eingabe von anonymen Hinweisen und Anträgen sowie kleinen Anfragen. Anonym? Sorge vor flächendeckender Überwachung wird Menschen, die wirklich Anonymität suchen, davon abhalten, Eingaben an die Fraktionen zu richten oder über elektronische Medien Kontakt mit unseren Abgeordneten aufzunehmen.

Auch Abgeordnete, Funktionsträger und Mitglieder werden in ihrer Teilhabe an der politischen öffentlichen Debatte eingeschränkt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass Kommunikation und Kontaktaufnahme zu Journalisten erfasst und auf unbestimmte Zeit gespeichert wird. Wir beobachten bereits einen zunehmenden Anteil verschlüsselter E-Mails von Journalisten an Funktionsträger der Partei. Der Kontakt selbst kann jedoch aufgrund der speicherbaren Metadaten nicht verschlüsselt werden.

Je mehr wir das Internet als Plattform für politische Arbeit nutzen, desto mehr werden wir durch die umfassende Überwachung von Telekommunikationsinfrastrukturen betroffen – auf allen Ebenen.

Die »ständige, lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen« können wir unter dem Damoklesschwert einer anlasslosen, allumfassenden Überwachung nicht mehr im (grund-)gesetzlich garantierten Rahmen nachkommen.
i.A. Joachim Bokor, LL.M.

Diese Formulierung steht tatsächlich so im §1 des Parteiengesetzes. Wir haben oben ausführlich beschrieben, wie wir diese lebendige Verbindung eingeschränkt sehen, wenn alles anlasslos überwacht wird.

Die angezeigten Personen sind besonders für diese Einschränkungen verantwortlich: Ihnen waren die Überwachungsmaßnahmen seit langem bekannt waren und sie haben die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Grundrechte, zur Wahrnehmung des Datenschutzes und zur Vertrauensbildung in der Bevölkerung schuldhaft unterlassen.

Danke an CeCe für seine Beiträge zum Text des Beitrittes und an Kattascha, ZombB und moonopool für die Erläuterungen.

]]>
997
Zur Rede von Barack Obama: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts https://www.piraten-herne.de/zur-rede-von-barack-obama-wie-sie-sehen-sehen-sie-nichts/ Sun, 19 Jan 2014 06:36:18 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=868 Die Rede von US-Präsident Barack Obama zur Reform der NSA und den daraus zu ziehenden Konsequenzen kommentiert Thorsten Wirth, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, wie folgt:

»Präsident Obama zeigt mit der Rede, dass er nichts gelernt hat. Weder aus den offensichtlichen Schwächen des Systems, noch aus den weltweiten Protesten gegen die millionenfachen Menschenrechtsverletzungen durch die NSA und andere Dienste. Er will ›das Vertrauen der Bürger zurück gewinnen‹, tradiert aber im selben Atemzug das Märchen weiter, dass Terrorismus ›nur‹ dadurch verhindert werden kann, dass man die ganze Welt ausspäht. Damit ignoriert er nicht nur die Untersuchungsergebnisse seiner eigenen Experten, sondern tritt auch die freiheitliche Tradition seines Landes mit Füßen.

Es ist traurig, dass unsere eigene Regierung ihn nicht laut daran erinnert – waren es doch gerade die USA, denen die junge Bundesrepublik eine der bis heute fortschrittlichsten Verfassungen der Welt verdankt. Stattdessen stoßen sie in das gleiche Horn und diskutieren ernsthaft die Einführung weiterer Überwachungsmaßnahmen wie der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations-Verbindungsdaten.

Wenn das alles nicht so traurig wäre, müssten sich die Piraten bei Präsident Obama bedanken – für die großartige Wahlkampfveranstaltung für die weltweiten Piratenparteien, die er mit seiner Rede abgeliefert hat. Die zahlreichen nachgewiesen und offensichtlich falschen Behauptungen, die der Präsident aufgestellt hat und die deutliche Unterordnung der Bürgerrechte unter die unsinnigen Allmachtsträume der Geheimdienste sind eine Goldmine für unseren Wahlkampf. Politiker und Regierungen mit einer derart verschobenen Sicht auf die Menschenrechte müssen dringend in die Schranken verwiesen werden. Und ebenso die, die ihnen nicht entschieden entgegentreten. Die Europawahl wird hier ein deutliches Signal setzen.«

]]>
868
Wie frei willst Du sein? https://www.piraten-herne.de/wie-frei-willst-du-sein/ Tue, 31 Dec 2013 21:26:16 +0000 http://www.piraten-herne.de/?p=843 Weiterlesen ]]> Wir haben die Spitzenkandidaten der Landesverbände eingeladen, für Euch ihre Gedanken zum Jahresausklang aufzuschreiben. Sebastian Nerz, Spitzenkandidat aus Baden-Württemberg, hat uns mit dem folgenden Beitrag geantwortet.

Sebastian Nerz

Sebastian Nerz

Ich hatte mir angewöhnt zu Weihnachten nicht mehr »frohe Feiertage« oder Ähnliches zu wünschen. Stattdessen wünschte ich meinem Gegenüber »besinnliche Feiertage«. Besinnlich – zur Besinnung kommen, nachdenken. Denn es gibt vieles worüber wir nachdenken müssten. Eine Frage, über die man gerne mal nachdenken könnte, wäre diese hier:

Wie frei will ich sein?

Ich schlage Ihnen vor, für diese Überlegungen den folgenden, recht einfachen Freiheitsbegriff zugrunde zu legen:
Freiheit bedeutet, die Sie Ihre eigene Selbstverwirklichung anstreben können, solange Sie damit nicht die Freiheit anderer Menschen beeinträchtigen. Und dass Sie Ihre Entscheidungen mit genügend Wissen über Vor- und Nachteile der Alternativen treffen können, ohne das Sie Repression befürchten müssten.
Freiheit ist also Ihre Möglichkeit zur mündigen Selbstbestimmung.

Freiheit in diesem Sinne ist eine ganz grundsätzliche Voraussetzung für das Funktionieren von Demokratie. Eine Demokratie, in der Sie zwar eine »freie« Wahl treffen können, aber Repressionen befürchten müssen, wenn Sie oppositionelle Texte lesen, wäre keine  Demokratie – denn eine wirkliche Wahl hätten Sie nicht.

Aber davon sind wir ja weit entfernt. Oder?

Demonstrationen sind traditionell eine der wichtigsten Möglichkeiten für oppositionelle Gruppen Menschen zu mobilisieren und ihre Meinung auch gegenüber einer starken Regierung oder großen Konzernen durchzusetzen. Auch und gerade bei Themen, die sich sonst nur schwer medial aufbereiten lassen, sind Demonstrationen häufig das einzige oder wirksamste Mittel der politischen oder gesellschaftlichen Opposition. Nicht zuletzt deshalb versuchen Diktaturen, Anscheinsdemokratien und repressive Staaten häufig die Teilnahme an Demonstrationen zu erschweren. Wir erinnern uns alle an die Proteste deutscher Politiker gegenüber Russland und der Türkei, als es dort zu polizeilichen Maßnahmen gegen Demonstrationen kam.

Auch bei uns wird Militär – die Luftwaffe – zur Aufklärung und Überwachung von Demonstranten eingesetzt. Bewaffnete Sondereinsatzkommandos der Polizei und Wasserwerfer begleiten jede Großdemonstration. In zahlreichen Fällen kam es zu Einkesselungen und zum Teil schwersten Körperverletzungen durch Beamte bei teilweise politisch angeordneten Einsätzen. So wurden am 30. September 2010 in Stuttgart über 400 Demonstranten verletzt. Eltern wird  mittlerweile empfohlen, keine Kinder mehr zu Demonstrationen mitzunehmen, weil es dort zu “Gewalttätigkeiten” kommen könne.

Im Zuge der Großeinsätze erfasst die Polizei häufig auch unbescholtene Demonstranten erkennungsdienstlich oder identifiziert sie via Funkzellenabfrage über ihre Handys – wobei gerade bei der Funkzellenüberwachung natürlich überhaupt nicht klar ist, ob die abgefragten Handys überhaupt Demonstranten gehören. Und der Freistaat Bayern erfasst ganz gezielt automatisch Kfz-Kennzeichen »zum Abgleich mit Fahndungsdateien«.

Selbstverständlich führt das dazu, dass Menschen nicht mehr an Demonstrationen teilnehmen, weil sie Repression befürchten. Vor einer Bewerbung als Beamter z. B. sollten Sie sich sehr genau überlegen, ob Sie an einer Demonstration teilnehmen wollen.

Sind die gezielte Abschreckung vor einer Meinungsäußerung oder die anlasslose Überwachung im Alltag bereits Kennzeichen einer Anscheinsdemokratie?

Wo ziehen wir die Grenze?

Ihre Emails und Webseitenaufrufe werden behördlich gelesen oder automatisiert ausgewertet. Nicht nur NSA und GCHQ überwachen große Teile des gesamten Internetverkehrs, auch der Bundesnachrichtendienst BND leitet Ihre Daten am DE-CIX-Knoten in Frankfurt ab. Hinter dem technischen Begriff verbirgt sich, dass man weiß, mit wem Sie kommunizieren und auswerten kann, welche Pizza Sie ordern und was Sie bei welchem Online-Händler bestellen.

Ob online oder nicht – bezahlen Sie bargeldlos, werden auch Ihre Geldüberweisungen aufgezeichnet. Behörden dürfen diese dann auf Verdacht – auch ohne Beweis oder richterliche Verfügung – abfragen, und die SWIFT-Daten Ihres Kontos werden ohnehin an die USA weitergegeben.

Wenn Sie morgens aufstehen, wird das erfasst. Das SmartMeter in Ihrem Stromzähler oder Ihr erster Handyanruf oder Nachrichtenabruf werden dafür sorgen.

Wenn Sie sich von A nach B bewegen, wird dies erfasst. In naher Zukunft wird es auch in Deutschland wieder eine Vorratsdatenspeicherung geben und spätestens dann kennt der Staat – auch im Nachhinein – jeden Ihrer Ortswechsel. Wenn nicht Ihr Handy darüber Auskunft gibt, dann ist es die Notrufautomatik ihres Autos, das Online-Kartenmodul Ihres Navigationsgerätes, oder die zahlreichen Videokameras an allen Bahnhöfen, an Autobahnen, an öffentlichen Plätzen, Geldautomaten und Schulen.

So kann auch festgestellt werden, ob und wo Sie beten. Sie haben nichts zu verbergen? Aber wenn Sie das Pech haben, dass Ihr Weg sich mit dem einer verdächtigen Person kreuzt, dann sind Sie selbst ebenfalls verdächtig. Anlasslos.

Was sind die Folgen dieser Entwicklung?

Das führt vor Allem dazu, dass Sie sich bei jeder Meinungsäußerung, jedem Treffen überlegen müssen, ob Sie sich damit verdächtig machen.

Studenten in den USA wurde ganz offiziell mitgeteilt, dass öffentliches Lob für Wikileaks negative Auswirkungen bei Bewerbungen auf staatliche Stellen haben wird. Oder wollen Sie demnächst fliegen? Vielleicht wird die Zeit kommen, in der Sie sich überlegen müssen, was Sie vorher in ihren Emails schreiben, oder Sie müssen längere Aufenthalte bei dem einen oder anderen Zoll einplanen.

Die Teilnahme an Demonstrationen, Kontakte mit Dritten, auch wenn sie zufällig sind, sarkastisch formulierte scheinbare Unterstützung für Gewalt oder emotionale Worte führen zur Aufnahme in zentrale Datenbanken wie die Antiterror-Datei – mit allen negativen Folgen. Das Beten in der falschen Moschee führte schon zu prophylaktischen Verhaftungen, das falsche Forum gelesen zu haben zur Erfassung als möglicher Terrorsympathisant.

Wird jetzt jede E-Mail solch dramatische Folgen haben? Natürlich nicht. Aber alleine die Tatsache, dass die Kommunikation überwacht wird, dass die Teilnahme an Demonstrationen erfasst wird, dass Bewegung erfasst wird, dass jeder Kontakt negative Folgen haben kann, führt – sobald Sie es wissen – dazu, dass Sie sich nicht mehr trauen, sich frei zu entscheiden.

Wollen wir keinen Ärger provozieren? Dann gehen wir halt nicht zur Demo, dann äußern wir unseren Unmut nicht. Andere werden schon hingehen. Und genau so entsteht erzwungener Konformismus.

Schritt für Schritt passen wir uns der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung an, Schritt für Schritt verlieren wir Meinungsfreiheit, Schritt für Schritt sägen wir an dem Baum, aus dem eine gesunde Demokratie erwächst.

Leben wir in einem Überwachungsstaat?

Die Antwort ist ein klares “Ja”. Wir wurden noch niemals zuvor in der Geschichte so weit überwacht wie jetzt. Keine Diktatur der Vergangenheit, nicht einmal die Stasi oder der KGB, haben soviele Daten über jeden einzelnen Bürger gesammelt, wie es heutzutage geschieht. Anders ausgedrückt: In der Bundesrepublik Deutschland wird staatlicherseits mehr über jeden Menschen gespeichert als jemals zuvor in der Geschichte.

Wir leben in einem Überwachungsstaat – aber noch nicht in einer Diktatur.

Noch müssen wir kein Einsatzkommando befürchten, nur weil wir einmal falsch gewählt haben. Aber das Problem ist, dass wir nicht wissen, wie sich unsere Zukunft entwickelt. Daten, die einmal erfasst werden, die kann man nicht mehr stoppen. Profile werden erstellt, sie werden nicht mehr gelöscht. Verdachtsmomente werden schnell geäußert, Datenbanken aufgebaut, die später missbraucht werden können.

Die Geschichte der Menschheit zeigt: Jede Macht wurde auch missbraucht. Und deswegen wird möglicherweise auch jede Datei missbraucht oder fällt in falsche Hände.

 

Wie frei wollen Sie sein?

Die Mehrheit der Deutschen, will man es nach dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl messen, stimmt aktuell der totalen Überwachung zu. Die meisten wissen dabei gar nicht, wie weit sie geht – und es ist ihnen auch egal. Sie sind dabei nicht böswillig, sondern eher verängstigt. Sie haben Angst vor Terroristen oder vor Arbeitslosigkeit. Kein guter Zeitpunkt für Proteste!  Und die Behörden behaupten ja, dass die Überwachung Menschen schützt!

Tatsächlich wird uns hier eine Lüge präsentiert – und die Behörden wissen das.

Untersuchungen der NSA-Überwachung zeigen: Nur die gezielte Überwachung von verdächtigen Einzelpersonen kann Terroranschläge verhindern – Massenüberwachung verhindert nichts. Auch durch Vorratsdatenspeicherung lassen sich keine positiven Effekte erzielen. Kriminelle können ihr zu einfach ausweichen. Massenüberwachung schützt nicht vor Verbrechen. Auf tausend Kameras kommt eine aufgeklärte Straftat, auf Milliarden überwachte Bürger kein verhinderter Anschlag!  (p. 104 unten).

Bei der Forderung nach “Mehr Überwachung” geht es nicht um “Mehr Sicherheit”. Es geht nur und ausschließlich um “Mehr Überwachung”.

Wie frei will ich sein?

Der Mehrheit ist diese Frage zur Zeit offenbar ziemlich egal.
Vielleicht sage ich nächstens doch besser wieder “Frohe Weihnachten”…

Ihr Sebastian Nerz

]]>
843