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Europa grenzenlos: Wahlrecht für ein neues Jahrtausend

Von Rob Wessel.

Am Montag hat der Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen geurteilt, dass ein Gesetzentwurf der Bremischen Bürgerschaft zur Ausweitung des Wahlrechtes nicht mit der Landesverfassung vereinbar ist. Somit dürfen auch weiterhin EU-Bürger und -Bürgerinnen nicht an der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft teilnehmen. Ebenso erhalten Menschen aus Drittstaaten zur Wahl der Bremer Beiräte – also auf der kommunalen Ebene – kein Wahlrecht.

Weiterhin entscheidet also nicht der Lebensmittelpunkt über das Wahlrecht, sondern die Staatsangehörigkeit. Bremen hätte ein Vorreiter für ein inklusives Wahlrecht werden können – doch die Landesverfassung ließ es nicht zu.

Nach dem Grundgesetz bestimmt die Staatsangehörigkeit über die Wahlberechtigung. Nur Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit dürfen bei uns wählen. Eine Ausnahme aufgrund der Maastricht-Verträge gibt es nur auf kommunaler Ebene und für Menschen mit einer anderen Unionsbürgerschaft.

Wir setzen uns für die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen und politischen Leben ein. Dabei darf die Herkunft keine Vorbedingung für die Möglichkeit der Beteiligung spielen. Es ist wichtig, dass jeder Mensch auf die Politik, von der er direkt betroffen ist, Einfluss nehmen kann.
Wahlprogramm der Piraten zur Bundestagswahl 2013

Der Gesetzentwurf der Bremischen Bürgerschaft wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung gewesen. Aber nach dem Grundgesetz sind Staatsbürgerschaft und Wahlrecht untrennbar verknüpft.

Das Grundgesetz wurde vor über sechzig Jahren geschrieben. Grenzen und Nationen spielten damals noch eine ganz andere, größere Rolle. In der Zwischenzeit ist die Welt und vor allem Europa immer mehr zusammengewachsen. Heute fahren wir von Tallinn in Estland nach Faro an der Südspitze Portugals 4500 Kilometer und nehmen die 8 Grenzen auf dem Weg (über Berlin und Paris) gar nicht mehr wahr, da es seit 2007 an keiner dieser Grenzen mehr Grenzkontrollen gibt. In einem solchen Europa, in einer solchen Welt, sind Grenzen und das Denken in Nationalitäten eher ein Hindernis geworden. Das Grundgesetz konnte diese Wandlung in der Lebensrealität der Menschen bisher noch nicht nachvollziehen. Die Regelung erscheint uns nicht nur wie ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert – sie ist ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert.

Und so sieht es auch die Richterin Prof. Dr. Ute Sacksofsky in ihrer abweichenden Meinung zum Urteil:

»Ausgangspunkt des Demokratieprinzips ist der die demokratische Ordnung tragende Gedanke der Selbstbestimmung. Diejenigen, die der Staatsgewalt unterworfen sind, sollen als Gleiche und Freie mitbestimmen dürfen, wie diese Staatsgewalt ausgeübt wird. Es entspricht daher dem Ideal des Demokratieprinzips, möglichst alle, die von der Ausübung der Staatsgewalt betroffen sind, an der Konstituierung dieser Staatsgewalt zu beteiligen.«
– Prof. Dr. Ute Sacksofsky

 

Wir schließen uns dieser Sicht aus tiefer Überzeugung an.

Der Bremische Senat hat mit seinem Gesetzentwurf einen mutigen Vorstoß gewagt. Wir wünschen uns, dass er jetzt nicht den Zauderern das Feld überlässt, sondern die notwendigen Schritte einleitet, um hier grundsätzliche Fortschritte zu erreichen:

 

Das Grundgesetz muss an dieser Stelle der geänderten Lebenswirklichkeit angepasst werden und ein Wahlrecht am Lebensmittelpunkt zulassen. Die notwendigen Mehrheit für eine diesbezügliche Verfassungsänderung hat die Große Koalition.

Statt weiterer Einschränkung der demokratischen Teilhabe – etwa durch die Einführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten oder die kurz nach Bildung der neuen Regierung ins Gespräch gebrachte Verlängerung der Wahlperiode zum Bundestag – könnte die Große Koalition hier einmal einen »Bold Move« hin zu mehr Demokratie machen. Damit könnte sie auch ein deutliches Signal gegen um sich greifende rechtspopulistische Tendenzen und Neiddebatten setzen.

Die Bremische Landesregierung sollte schnellstmöglichst eine entsprechende Initiative im Bundesrat anregen. Die Landesverfassung in Bremen könnte dann dieser Entwicklung folgen und den Weg freimachen für eine erneute Vorlage des jetzt gescheiterten Gesetzes.

Für uns ist klar:

Die Menschen in Europa sollen lernen, arbeiten und leben können, wo sie wollen – und dort natürlich auch ihr Lebensumfeld mit gestalten dürfen. Willkürliche Einschränkungen im Wahlrecht haben da keinen Platz. Ein grenzenloses Europa braucht ein Wahlrecht für alle!

 


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